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Folge 03-23 vom 20. Januar 2023 / Alte Geschichte / Wenig Neues über das Alte Rom / Michael Sommer versucht in seinem gewollt unterhaltsam geschriebenen Buch „Dark Rome“ Wissen zu vermitteln, das längst bekannt ist

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-23 vom 20. Januar 2023

Alte Geschichte
Wenig Neues über das Alte Rom
Michael Sommer versucht in seinem gewollt unterhaltsam geschriebenen Buch „Dark Rome“ Wissen zu vermitteln, das längst bekannt ist
Wolfgang Kaufmann

Mittlerweile huldigen viele Menschen dem Brauch, bei jeder Gelegenheit englischsprachige Begriffe zu verwenden. Dies gilt auch für den Althistoriker Michael Sommer von der Universität Oldenburg. Sein Buch über das „geheime Leben der Römer“ trägt den Titel „Dark Rome“. Wobei das, was Sommer beschreibt, gar nicht so „dunkel“ oder unbekannt ist, wie der Experte für die Sozial- und Mentalitätsgeschichte des Imperium Romanum suggeriert. 

Jeder, der sich für die Antike interessiert, weiß doch, dass im alten Rom haarsträubende Zustände herrschten und es alles andere als sittenstreng oder moralisch zuging. Insofern bietet Sommer wenig Überraschendes, wenn er im ersten Abschnitt über „Bettgeschichten“ sowie „Kaiser und Kurtisanen“ schreibt. Da helfen selbst auffällig boulevardeske Überschriften wie „Kopfüber in die Wollust“ oder „Thymele hat einen fetten Arsch“ nichts. Das gilt analog für die Ausführungen an anderer Stelle zu den Themen Verschwörung und Meuchelmord. Auch hier finden sich viele Informationen, die zum historischen Allgemeinwissen gehören. Das unnatürliche Ende der Kaiser Caligula, Claudius, Nero, Domitian, Commodus und Caracalla? Bekannt! Die Catilinarische und Pisonische Verschwörung? Auch …  

Deutlich erhellender, weil es um eine in der übrigen Literatur sehr viel seltener behandelte Materie geht, kommen hingegen die Abschnitte über Geheimschriften, Spione und Wunderwaffen daher. Dennoch atmet das Buch auch hier eine Überdruss verursachende, gestelzte sozialwissenschaftliche Attitüde, die sich in Formulierungen wie „Kontinuität der Denunziationstechniken“, „Institutionalisierte Herrschaft“, „Defizitäre Staatlichkeit“ oder „Moment der Asymmetrie“ äußert.

Gleichfalls weniger „wild“, „schrill“ und „verstörend“, als der Umschlagtext es verheißt, sind die Kapitel, in denen Sommer über Schwarze Magie, seltsame Verwandlungen, Korruption und Organisierte Kriminalität sowie Mysterien und geheime Riten berichtet. 

Eine sozial- und mentalitätsgeschichtliche Herangehensweise stößt eben regelmäßig an ihre Grenzen, wenn sie einerseits wissenschaftlich sowie andererseits unterhaltsam sein und Begeisterung für das Thema wecken soll. Zumal auch die Knappheit der Abbildungen nicht gerade dazu geeignet ist, die Lust am Studium von „Dark Rome“ zu steigern: Der Band enthält gerade einmal 17 davon. Und diese sind aufgrund ihrer drögen Schwarz-Weiß-Ausführung zudem alles andere als Hingucker. 

Michael Sommer: „Dark Rome. Das geheime Leben der Römer“, C.H. Beck Verlag, München 2022, gebunden, 288 Seiten, 23 Euro