Das Unverständnis in der Politik ist groß. Im Tarifstreit mit Bund, Ländern und Kommunen fordern der Deutsche Beamtenbund (dbb) und die Gewerkschaft ver.di 10,5 Prozent mehr Einkommen. Da die staatlichen Arbeitgeber aus Sicht der Gewerkschaften bislang kein vernünftiges Angebot vorgelegt haben, drohte dbb-Präsident Ulrich Silberbach nun mit flächendeckenden Streiks, die er „Lockdown für den öffentlichen Dienst“ nannte. 

Dies wiederum brachte führende Vertreter der Politik auf die Palme. So sagte Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP): „Wer mit Lockdown und dem Zusammenbruch des öffentlichen Lebens droht, missbraucht die Angst der Menschen für die eigene Verhandlungsposition.“

Damit hat Kubicki durchaus recht. Dennoch sind Reaktionen wie seine erstaunlich, hatte die Politik doch keine Probleme mit dem Wort „Lockdown“ und den damit verbundenen Folgen, als sie im Zuge der Coronapolitik ihrerseits das öffentliche Leben lahmlegte. Zudem erstaunt das Erstaunen der Politik über die Höhe der Gehaltsforderungen. Natürlich würde ein Plus von zehn Prozent und mehr die Kalkulation eines jeden Arbeitgebers sprengen. Doch offensichtlich ist den Politikern nicht bewusst, welche Kostensteigerungen sie den Bürgern seit Jahren zumuten (Stichwort: Energiewende). Dass die Privathaushalte künftig für Strom und Gas zum Teil das Doppelte zahlen sollen, löste jedenfalls bislang keine große Empörung aus. neh