03.05.2024

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Folge 05-23 vom 03. Februar 2023 / Russlandsanktionen / Angst vor dem Diesel-Embargo / Nach der Boykottierung russischen Rohöls tritt am Sonntag auch noch ein Importstopp auf raffiniertes Öl aus Russland in Kraft

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-23 vom 03. Februar 2023

Russlandsanktionen
Angst vor dem Diesel-Embargo
Nach der Boykottierung russischen Rohöls tritt am Sonntag auch noch ein Importstopp auf raffiniertes Öl aus Russland in Kraft
Hermann Müller

Mit Wirkung vom 5. Februar tritt ein von der EU verhängter Importstopp für raffiniertes Öl aus Russland in Kraft. Dieser betrifft Raffinerieprodukte wie Diesel, Heizöl und Kerosin. Als wenn die entsprechenden Teile der deutschen Volkswirtschaft nicht schon genügend gebeutelt wären durch den gemäß dem Willen der Bundesregierung seit Jahresbeginn geltenden Verzicht Deutschlands auf den Import von russischem Pipeline-Öl. Besonders betroffen von diesem Verzicht ist die PCK Raffinerie in Schwedt, deren Geschäftsmodell darin besteht beziehungsweise bestand, über die Druschba-Leitung nach Deutschland eingeführtes Rohöl weiterzuverarbeiten.  

Als am 20. Januar Parlamentarier des Berliner Abgeordnetenhauses und des Brandenburgischen Landtages zu Besuch in der Raffinerie in Schwedt waren, zeigte sich, dass die Versprechungen aus dem Bundeswirtschaftsministerium bislang nicht eingehalten worden sind. Dessen Staatsekretär Michael Kellner (Grüne) hatte noch im Dezember den Eindruck erweckt, die Versorgung der PCK Raffinerie sei auch ohne russisches Öl gesichert. Die dazu nötigen Gespräche mit der polnischen Seite seien erfolgreich gewesen, so Kellner im Bundestag. Der Grünen-Politiker hatte zudem davon gesprochen, dass die Raffinerie auch ab Januar zu mindestens 70 Prozent ausgelastet sein soll. 

Parlamentarier zu Besuch bei PCK

Mittlerweile hat der Ostbeauftragte der Unionsfraktion im Bundestag dem Grünen-Staatssekretär vorgeworfen, im Dezember die Öffentlichkeit und den Deutschen Bundestag „hinter die Fichte“ geführt zu haben. Laut Sepp Müller liege weder ein Vertrag mit Polen noch mit Kasachstan zur Ölversorgung der PCK Raffinerie vor. „Die Rohölversorgung ist nicht wie angekündigt für Schwedt gesichert“, so Müllers Resümee. 

Entsprechend alarmierend waren die Fakten, mit denen die Berliner und Brandenburger Abgeordneten bei ihrem Besuch in Schwedt am 20. Januar gut einen Monat nach den umstrittenen Aussagen von Habecks Staatssekretär konfrontiert wurden. Wie der PCK-Geschäftsführer Harry Gnorski erklärte, läuft die Raffinerie derzeit nur noch mit einer Auslastung von 56 Prozent. Weil zu wenig Rohöl zur Verfügung steht, musste die Bitumen-Produktion der Raffinerie sogar vorübergehend eingestellt werden. Bislang hat PCK rund ein Drittel des in Deutschland für den Straßenbau benötigten Bitumens geliefert. 

Gegenüber den aus Berlin und Potsdam angereisten Abgeordneten warnte der PCK-Geschäftsführer vor den Auswirkungen des am 5. Februar in Kraft tretenden Importstopps auf russische Raffinerieprodukte wie Diesel. „Es wird bestehende, langjährige Prozesse betreffen, die dann wegbrechen“, so Gnorski. Der PCK-Geschäftsführer äußerte zudem die Vermutung, dass das Importverbot die Dieselpreise in die Höhe treiben werde. 

Diese Entwicklung würde Pendler, Landwirte, Spediteure und alle, die auf bezahlbaren Diesel angewiesen sind, in einer ohnehin angespannten Marktsituation treffen. Der ADAC hat nämlich Ende Januar eine Auswertung vorgelegt, der zufolge sich Diesel und Super E10 zuletzt wieder deutlich verteuert haben. Nach einem Rückgang der Spritpreise zum Ende vergangenen Jahres kostet der Liter Diesel im bundesweiten Schnitt nun wieder 1,858 Euro. „Teurer als aktuell war Tanken zuletzt Ende November 2022“, so der ADAC.

Ungedeckte Zusagen

Einige Marktbeobachter gehen sogar von einer bevorstehenden Preisexplosion beim Diesel aus. Die EU kappt mit ihrem nächsten Sanktionsschritt nämlich die Lieferbeziehungen zu ihrem bislang wichtigsten Diesellieferanten. Da die Raffinerien in der EU selbst nicht in der Lage waren, den riesigen Dieselbedarf von Wirtschaft und Privaten vollständig zu decken, wurde bis zum Ukrainekrieg fast die Hälfte der Dieselimporte der EU in Russland gekauft. Der Wirtschaftsinformationsdienst Bloomberg prognostizierte Mitte Januar in einem Bericht, dass Europa nach Inkrafttreten des Importstopps auf russischen Diesel auf Importe aus Übersee angewiesen sein wird, um seine Wirtschaft am Laufen zu halten. Laut Daten von Bloomberg importierten die Staaten der EU im vergangenen Jahr etwa 220 Millionen Barrel Dieselprodukte aus Russland.

Langfristig könnte die Türkei als großer Profiteur aus dem freiwilligen Verzicht der EU auf russischen Diesel hervorgehen. Als EU-Nichtmitglied muss sie sich nicht an die von Brüssel verhängten Sanktionen halten. Es könnte sich damit für die Türkei zu einem attraktiven und lukrativen Geschäftsmodell entwickeln, russischen Diesel für den eigenen Bedarf – womöglich sogar mit Sanktionsrabatt – zu kaufen und den selbst produzierten Diesel zu einem deutlich höheren Preis auf dem EU-Markt zu verkaufen.