03.05.2024

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Folge 05-23 vom 03. Februar 2023 / Analyse / Massenflucht aus Kuba

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-23 vom 03. Februar 2023

Analyse
Massenflucht aus Kuba
Franz Bacchus

Die Lebensbedingungen auf Kuba waren unter der kommunistischen Herrschaft schon seit 1959 prekär, aber vergangenes Jahr haben die zunehmende Armut und Hoffnungslosigkeit den größten Exodus aus dem karibischen Inselstaat seit der Einführung des Sozialismus durch Fidel Castro ausgelöst. Die kubanische Wirtschaft ächzt unter der Verschärfung der US-Sanktionen und der Covid-19-Pandemie, die mit der Tourismusindustrie eine der Lebensadern Kubas schwer in Mitleidenschaft gezogen hat. Lebensmittel sind noch knapper und teurer geworden, die Schlangen vor den Apotheken bilden sich schon vor dem Sonnenaufgang, und Millionen von Menschen müssen täglich stundenlange Stromausfälle ertragen.

Im letzten Jahr sind fast 250.000 Kubaner, mehr als zwei Prozent der elf Millionen Einwohner der Insel, in die Vereinigten Staaten ausgewandert. Die meisten von ihnen kamen nach Angaben der US-Regierung via Nicaragua auf dem Landweg an der Südgrenze an. Selbst für ein Land, das für Massenflucht bekannt ist, ist die aktuelle Welle bemerkenswert. Manche Experten vergleichen sie bereits mit einem Exodus in Kriegszeiten. Wie in der Ukraine ist kein Ende in Sicht. Da Kuba schon jetzt eine überdurchschnittlich alte Bevölkerung hat, stellt die Migrationswelle vor allem jüngerer Kubaner auch die Zukunft des Staates in Frage. 

Die Lawine von Kubanern, die das Land verlässt, ist auch für die Vereinigten Staaten zu einer Herausforderung geworden. Kuba, das nach Mexiko zu den wichtigsten Herkunftsländern von Einwanderern in die USA zählt, hat sich zu einem der Hauptverursacher des Migrantenandrangs an der Grenze zwischen den USA und Mexiko entwickelt. Dieser Andrang stellt für US-Präsident Joe Biden ein großes politisches Problem dar und wird von der US-Regierung als Bedrohung der nationalen Sicherheit betrachtet.

Viele Experten haben erkannt, dass die US-Politik gegenüber der Insel zu der Migrationskrise beiträgt, mit der sich die US-Regierung nun herumschlägt. Um die kubanischstämmigen Wähler in Südflorida anzusprechen, hatte die Trump-Regierung die Politik von Präsident Barack Obama verworfen, welche die Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen und die Ausweitung der Reisen auf die Insel vorsah. Präsident Donald Trump ersetzte sie durch eine Kampagne des „maximalen Drucks“, welche die Sanktionen verschärfte und die Möglichkeiten von Kubanern in den USA, Geld an die Verwandtschaft in der Heimat zu überweisen, stark einschränkte. 

Obwohl Präsident Biden begonnen hat, von einigen von Trumps Maßnahmen abzurücken, hat er nur langsam gehandelt, aus Angst, die kubanische Diaspora zu verärgern und den Zorn von Senator Robert Menendez auf sich zu ziehen. Der politisch einflussreiche Demokrat, dessen Eltern 1953 aufgrund ihrer Unzufriedenheit mit der Batista-Regierung nach New York geflohen waren, ist Vorsitzender des Senatsausschusses für auswärtige Beziehungen. 

Abgesehen von derartigen innenpolitischen Rücksichtnahmen auf US-amerikanischer Seite wird eine Annäherung zwischen den USA und Kuba auf kubanischer Seite durch die Niederschlagung der massiven Proteste auf der Insel durch die dortige Regierung im vergangenen Jahr erschwert. Die US-Regierung hat ihre Besorgnis über die Menschenrechtslage auf Kuba zum Ausdruck gebracht.

Immerhin kündigte Washington vor Kurzem an, dass es 20.000 Visa an Kubaner ausstellen werde, wie es seit Langem zwischen beiden Nationen vereinbart ist. Havanna hat sich im Gegenzug bereit erklärt, wieder Rückflüge von abgeschobenen Kubanern aus den Vereinigten Staaten zu akzeptieren, ein weiterer Schritt, um Migranten abzuschrecken. 

Kuba nutzt die Migration seit Langem, um sich derjenigen zu entledigen, die es für unerwünscht hält. Das machte schon Castro. Er nannte die Unruhestifter „Degenerierte“ und „Würmer“. 

Da nach Angaben der US-Küstenwache seit 2020 mindestens 100 Menschen auf dem Meer gestorben sind, versuchen nun immer mehr den Landweg über Mittelamerika. Die Schleusen öffneten sich im letzten Jahr, als das sozialistische Nicaragua die Visumspflicht für das kubanische Brudervolk aufhob. Zehntausende Kubaner verkauften ihre Häuser sowie ihr sonstiges Hab und Gut und flogen nach Managua, wo sie Schmuggler bezahlten, die ihnen halfen, die 2500 Kilometer auf dem Landweg zur US-Grenze zurückzulegen.