03.05.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 05-23 vom 03. Februar 2023 / Kriegshetze / „Sie sorgen für die Bilder, ich sorge für den Krieg!“ / Vor 125 Jahren explodierte das US-Kriegsschiff „Maine“ im Hafen von Havanna. US-Medien nutzten die Explosion zur Propaganda gegen Spanien. Das Ergebnis war eine militärische Auseinandersetzung, die die USA zur Großmacht machte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-23 vom 03. Februar 2023

Kriegshetze
„Sie sorgen für die Bilder, ich sorge für den Krieg!“
Vor 125 Jahren explodierte das US-Kriegsschiff „Maine“ im Hafen von Havanna. US-Medien nutzten die Explosion zur Propaganda gegen Spanien. Das Ergebnis war eine militärische Auseinandersetzung, die die USA zur Großmacht machte
Wolfgang Kaufmann

Vor knapp zweihundert Jahren, am 2. Dezember 1823, verkündete der fünfte Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, James Monroe, die nach ihm benannte Doktrin. Der Monroe-Doktrin zufolge soll „Amerika den Amerikanern“ gehören. Sie ist seitdem zunehmend so interpretiert worden, dass den USA die Hegemonie über den Doppelkontinent gebühre. 

Das größte Hindernis hierbei war die Kolonialmacht Spanien. Seit dem 16. Jahrhundert kontrollierte sie die 90 Meilen vor der Küste Floridas liegende Insel Kuba. 

1895 eskalierte dort die Situation: Die Einheimischen intensivierten ihren Unabhängigkeitskampf. Die Spanier reagierten darauf mit äußerster Brutalität. Dazu gehörte auch die Errichtung Konzentrationslager-ähnlicher Einrichtungen. 

Angesichts dessen schlug sich die Öffentlichkeit in den Vereinigten Staaten auf die Seite der Kubaner. Mit allen Mitteln der Skandalpresse heizten die Zeitungsverleger William Randolph Hearst und Joseph Pulitzer die antispanische Stimmung an. Das geschah nicht zuletzt im Interesse der US-Anleger, die um ihre Investitionen auf der Zuckerrohrinsel fürchteten und den zögerlichen Präsidenten William McKinley immer stärker bedrängten, endlich auf Kuba zu intervenieren. Doch der beschränkte sich zunächst nur auf Drohgebärden – bis es dann zu einem Ereignis kam, das Weltgeschichte machen sollte.

Um Druck auf die Spanier auszuüben, wurde im klassischen Stil der Kanonenbootpolitik das ursprünglich als Panzerkreuzer klassifiziert Schlachtschiff der US-Marine „Maine“ unter dem Kommando von Commodore Charles Dwight Sigsbee in den Hafen von Havanna auf Kuba entsandt. Nach dem Erreichen seines Zieles am 25. Januar 1898 ankerte das Kriegsschiff mit seinen zwei beeindruckenden Zwillingstürmen für Zehn-Zoll-Geschütze unweit der Festung Castillo de los Tres Reyes del Morro – bis es am 15. Februar 1898 gegen 21.40 Uhr nach zwei schweren Explosionen im Bereich der vorderen Munitionskammern mit komplett zerstörtem Bugbereich auf Grund sank. Dabei starben 261 der 355 Besatzungsmitglieder. Überlebende gab es zumeist nur im hinteren Teil der „Maine“, in dem sich die Quartiere der Offiziere befanden.

US-Anleger wollten den Krieg

Die Detonationen resultierten höchstwahrscheinlich aus einem unentdeckten Schwelbrand in einem der Kohlebunker. Die zur Beschickung der Kessel der „Maine“ benutzte bituminöse Billig-Steinkohle neigte aufgrund ihres hohen Schwefelgehaltes zur spontanen Selbstentzündung. Aus diesem Grunde waren schon vorher auf anderen Einheiten der US-Marine, die ebenfalls keine hochwertige Anthrazitkohle verwendeten, wie dem Schlachtschiff „Oregon“ oder dem Kreuzer „Boston“, Brände ausgebrochen, nur dass diese noch nicht zum Untergang des jeweiligen Schiffes geführt hatten. Durch das Feuer auf der „Maine“ wurde das Schott zur benachbarten Munitionskammer derart erhitzt, dass die dahinter lagernden Granaten mit einem Gesamtgewicht von fünf Tonnen sowie unmittelbar darauf die in der Nachbarlast explodierten. 

Genau so lautete das Ergebnis der allerersten Untersuchung des Vorfalls durch die spanischen Marineoffiziere Pedro del Peral und Francisco Javier de Salas. Deren Befund wurde 1976 durch Admiral Hyman Rickover, den legendären „Vater der Nuklearmarine“ der USA, in einem gründlich recherchierten Buch über den Untergang der „Maine“ bestätigt.

Dahingegen gelangte die von der US-Marine eingesetzte Untersuchungskommission unter der Leitung von Captain William Thomas Sampson im März 1898 zu dem Schluss, dass die „Maine“ durch eine „U-Boot-Mine“ der Spanier gesunken sei. Das Gremium agierte dabei vor dem Hintergrund einer extremen Pressehysterie in den USA, die vor allem von Pulitzer und Hearst geschürt wurde. Letzterer soll in diesem Zusammenhang an seinen Reporter in Havanna, Frederic Remington, telegrafiert haben: „Sie sorgen für die Bilder, ich sorge für den Krieg!“

Höchstwahrscheinlich ein Unfall

Und der brach dann auch tatsächlich aus. Nachdem McKinley kommuniziert worden war, dass die US-amerikanische Geschäftswelt mehr denn je auf die umgehende Lösung der kubanischen Frage dränge, stellte der Präsident Spanien am 27. März 1898 ein Ultimatum bezüglich einer Waffenruhe auf Kuba. Als hierauf keine Reaktion erfolgte, verabschiedete der Kongress in Washington am 19. April eine Resolution, die Spanien zum Abzug aus Kuba aufforderte und Präsident 

McKinley autorisierte, alle militärischen Mittel einzusetzen, um die Unabhängigkeit der Insel herbeizuführen. Daraufhin erklärte Spanien den USA am 23. April 1898 den Krieg.

Dieser entwickelte sich für die militärisch und wirtschaftlich haushoch überlegenen Vereinigten Staaten zu einem „Splendid Little War“ (herrlichen kleinen Krieg), wie der US-Außenminister John Hay später salopp resümierte, während Spanien vernichtend geschlagen wurde.Der Mehrfrontenkrieg zwischen den beiden Mächten begann am 1. Mai 1898 mit der Vernichtung der spanischen Pazifikflotte in der Schlacht in der Bucht von Manila durch das Asiengeschwader der USA unter Commodore George Dewey. Dem folgte am 3. Juli 1898 die Seeschlacht vor Santiago de Cuba, in der Spanien im Kampf gegen das Geschwader des inzwischen beförderten Konteradmirals Sampson auch seine gesamte Atlantikflotte verlor. Damit war der Spanisch-Amerikanische Krieg faktisch zugunsten der USA entschieden. 

Der Krieg wurde mit dem Friedensvertrag von Paris vom 10. Dezember 1898 beendet. Angesichts der seitens der USA bekundeten Sympathien für den Unabhängigkeitskampf der Kubaner, wäre es schwerlich zu vermitteln gewesen, die spanische offen durch eine US-amerikanische Fremdherrschaft zu ersetzen. So wurde Kuba formell unabhängig, de facto indes ein US-amerikanisches Protektorat. Bei Puerto Rico, Guam und den Philippinen waren die USA weniger rücksichtsvoll. Sie musste Spanien offen und direkt an die USA abtreten.

Letztlich führte die Explosion auf der „Maine“ dazu, dass Spanien weltpolitisch in die dritte Reihe zurückfiel, während die USA nun gleichberechtigt neben den Großmächten standen. Angesichts dessen liegt es nahe, statt eines Anschlags der Spanier oder eines Unfalls aufgrund ungeeigneter Kohle eine US-Aktion unter falscher Flagge zu vermuten. Allerdings gibt es keinerlei Beweise hierfür.





US-amerikanische Kriegstreiber

Der Verleger und Medien-Tycoon William Randolph Hearst besaß Anfang des vergangenen Jahrhunderts die größte Zeitungskette in Amerika.

Der ungarisch-US-amerikanische Journalist, Herausgeber und Zeitungsverleger Joseph Pulitzer ist Stifter und Namensgeber des Pulitzer-Preises.

William Thomas Samp­son wurde am 17. Februar 1898 zum Präsidenten des Board of Inquiry zur Untersuchung der Zerstörung der „Maine“ ernannt.