03.05.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 05-23 vom 03. Februar 2023 / Nördliches Ostpreussen / Reisen in die EU mit deutlichen Einschränkungen / Abgehängte Exklavenbürger – Ein deutsches Schengen-Visum wird praktisch nur noch für Verwandtenbesuche ausgestellt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-23 vom 03. Februar 2023

Nördliches Ostpreussen
Reisen in die EU mit deutlichen Einschränkungen
Abgehängte Exklavenbürger – Ein deutsches Schengen-Visum wird praktisch nur noch für Verwandtenbesuche ausgestellt
Jurij Tschernyschew

Die Bewohner des nördlichen Ostpreußens müssen bei Reisen in den Westen deutliche Einschränkungen hinnehmen. Zwar hat die Zahl der Touristen, die während der Neujahrsferien ins Ausland reisten, fast die vor der Corona-Pandemie erreicht, doch ihre Ziele waren andere als vor dem Ukrainekrieg.  In diesem Winter waren Weißrussland, die Vereinigten Arabischen Emirate und die Türkei sehr beliebt. Auch das Interesse an Sri Lanka und Indonesien ist gestiegen. 

Die große Mehrheit der Bürger hat jedoch ihren Winterurlaub im nördlichen Ostpreußen verbracht. Vor der Pandemie hatten die Königsberger eine breite Palette von Reisemöglichkeiten. Viele Familien mit bescheidenen finanziellen Mitteln hatten ein Schengen-Visum und fuhren in die Nachbarländer Polen, Litauen und in die Bundesrepublik. Die Erreichbarkeit europäischer Flughäfen ermöglichte es, relativ günstig in verschiedene Teile Europas zu fliegen. 

Jetzt bekommen die Menschen im Gebiet ihre Exklavenlage zu spüren. Aufgrund der Sperrung des europäischen Luftraums gibt es kaum Direktflüge vom Königsberger Gebiet in ferne Länder. Um zum gewünschten Zielort zu gelangen, müssen sie über Moskau fliegen. Ägypten war in diesem Winter das günstigste Reiseziel ab Moskau. Alle anderen Touren waren sehr teuer. Viele mussten auch die lieb gewordene Gewohnheit aufgeben, in Skigebiete zu fahren.

Im Königsberger Gebiet gibt es so gut wie keine Möglichkeit mehr, ein Schengen-Visum zu erhalten. Früher gab es eine breite Palette von Möglichkeiten. Am populärsten war das polnische Schengen-Visum. Viele hatten aber auch deutsche und litauische Visa. Während Litauen und Polen relativ schnell beschlossen, keine Visa mehr an Russen zu erteilen, schränkte die Bundesrepublik die Möglichkeit, ein Visum zu erhalten, von Ende September bis Anfang Oktober letzten Jahres erheblich ein. 

Diejenigen, denen es gelungen war, vor diesem Zeitpunkt ein deutsches Visum zu beantragen, erhielten noch Langzeitvisa für bis zu fünf Jahren. Seit Oktober ist es theoretisch möglich, ein deutsches Visum zu erhalten, um Verwandte zu besuchen, das heißt, auf Einladung. Die Bedingungen für die Erteilung eines deutschen Visums sind jedoch so kompliziert geworden, dass die Zahl der Ablehnungen um ein Vielfaches gestiegen ist.

Zu den Anforderungen gehören eine offizielle Einladung und eine von der örtlichen Ausländerbehörde beglaubigte Verpflichtungserklärung. Sie setzt ein entsprechendes Einkommen des Einladenden voraus. Die einladende Person ist auch verpflichtet, den eingeladenen Personen alle finanziellen Kosten zu erstatten, die ihnen während ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik entstehen. Die neuen Regeln verlangen eine europäische Kreditkarte mit ausreichender Deckung für den Aufenthalt sowie eine europäische Versicherung. Diese muss von der einladenden Partei abgeschlossen und zusammen mit der Einladung und der Verpflichtungserklärung im Original beim Konsulat eingereicht werden. Außerdem müssen Russen bereits vollständige vorausbezahlte Hin- und Rück-Tickets vorlegen. 

Früher war es möglich, mit einem Schengen-Visum problemlos mit dem Bus über die Republik Polen für 100 Euro von Königsberg in die Bundesrepublik zu reisen. Jetzt können Russen nur noch über Moskau in die Türkei oder nach Serbien und von dort in die Bundesrepublik  gelangen, wobei sie alle Tickets für die Teilstrecken beim Konsulat vorlegen müssen. Die Gesamtkosten für einen Hin- und Rückflug können sich auf bis zu 1000 Euro belaufen. Das erteilte Visum berechtigt lediglich zur einmaligen Einreise zu dem vorbestimmten Datum, weder am Tag davor noch am Tag danach. Sollte ein Flug verspätet erfolgen und die Frist verletzt werden, kann es problematisch werden. Das gilt auch für den Besuch von Verwandten und Familienangehörigen. Deutsche Visa für andere Zwecke werden in der Praxis nicht mehr erteilt.