03.05.2024

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Folge 05-23 vom 03. Februar 2023 / Kaufhaus Sternfeld / Wiederaufbau im Originalstil / Der ehemalige Prachtbau in Cranz wurde versteigert – Der Käufer verpflichtet sich, Denkmalschutz-Auflagen zu erfüllen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-23 vom 03. Februar 2023

Kaufhaus Sternfeld
Wiederaufbau im Originalstil
Der ehemalige Prachtbau in Cranz wurde versteigert – Der Käufer verpflichtet sich, Denkmalschutz-Auflagen zu erfüllen
Bodo Bost

Seit vielen Jahren verschandelt  das ehemalige Handelshaus „Sternfeld“ in der Königsberger Straße 39 [Kurortnij-Prospekt 18] als Bauruine das Erscheinungsbild der Hauptstraße von Cranz. Jetzt wurde das einst jüdische Handelshaus von einer örtlichen Baufirma erworben, und es soll wiedererstehen.

Das Gebäude des Handelshauses Sternfeld wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichtet. Einheimische und Touristen nannten es „das Haus des Sternenhimmels“, weil sich im Erdgeschoss in der geräumigen Eingangshalle ein rundes Glasplateau befand, über dem ein Brunnenhof installiert war. Dank ihm konnte man in der Halle das geheimnisvolle Funkeln der Sterne am Himmel bewundern. Der Name des Gebäudes (Sternhimmel) leitet sich auch vom Nachnamen seines Besitzers, des Königsberger Kaufmanns Nathan Sternfeld, ab. Im Erdgeschoss befand sich ein Kaufhaus, im zweiten und dritten Stock ein Hotel. Der wichtigste Werbespruch des Handelshauses lautete: „Du kannst als Lump zu Sternfeld kommen und als Gentleman wieder gehen.“ Im Jahr 1933 musste Sternfeld als Jude alle seine Geschäfte verkaufen. Käufer war das renommierte Warenhausunternehmen Karstadt.

Cranz hatte den Ruf eines „jüdischen Kurortes“: Reiche Königsberger Juden besaßen dort Sommerhäuser, und diejenigen mit bescheidenerem Einkommen mieteten Wohnungen oder Zimmer für den Sommer. In Cranz gab es ein koscheres Gasthaus und Restaurants, und 1910 wurde eine Synagoge gebaut, die zwischen den Feiertagen Schawuot und Sukkot immer voll war. Erhebliche Spenden für den Bau des Kurgebetshauses kamen aus Russland, da Cranz nicht nur für die Juden aus Königsberg und Ostpreußen, sondern auch für das benachbarte Russische Reich ein beliebtes Urlaubsziel war. Der berühmte sowjetische Karikaturist Boris Jefimow zum Beispiel schrieb in seinen Memoiren darüber, wie er und sein Bruder Michail Kolzow hier ihren Sommer verbrachten. 

Ostseebad will an die große Vergangenheit anknüpfen 

Nach dem Krieg, den Cranz fast unversehrt überstanden hatte, beherbergte das Sternfeld-Haus zunächst ein Militärsanatorium, dann wurde das Gebäude zu einem des städtischen Sanatoriums. Heute ist das Haus ein lokales Kulturdenkmal, was den Eigentümer verpflichtet, bei der Restaurierung das historische Erscheinungsbild zu erhalten.

In den 1990er Jahren wurde das Gebäude von Mohamad-Hussein El-Badawy, einem Libanesen, sicher sehr günstig erworben. Der Eigentümer begann mit dem Wiederaufbau des Hauses, doch die Arbeiten wurden bald eingestellt, das Gebäude zerfiel bis heute. Aufgrund der Untätigkeit des Eigentümers wurde das baufällige Haus sogar auf die schwarze Liste der gefährdeten Gebäude gesetzt. Vor Kurzem wurde es allerdings für umgerechnet rund 700.00 Euro (versteigert. Zuvor war die Bauruine dem früheren Eigentümer per Gerichtsbeschluss entzogen worden. Als Ergebnis der öffentlichen Versteigerung wurde das Sternfeld-Haus von der Firma „StrojTech“ erworben. Der neue Besitzer ist verpflichtet, innerhalb von drei Jahren ein positives Gutachten einzuholen, Restaurierungs- und Instandsetzungsarbeiten durchzuführen und das Gebäude anschließend in Betrieb zu nehmen. 

Cranz ist wieder ein beliebter Kurort

Obwohl der Kurort Cranz im Krieg  kaum zerstört worden war, ist der heutige Zustand mit dem historischen Cranz der Vorkriegszeit nicht mehr vergleichbar. Die sowjetische Lethargie hatte die einst feinen Hotels am Corso unkenntlich gemacht. Die bekannte hölzerne Strandpromenade wurde 1970 abgerissen und durch eine unansehnliche Betonpiste ersetzt. Nur der historische Stadtkern blieb weitestgehend erhalten. Restaurierungsnot nagt auch dort an allen Ecken und Enden. Die Stadt ist eine einzige große Baustelle, überall entstehen neue Häuser, es verschwinden Ruinen und sowjetische Hinterlassenschaften. Mitten durch die Altstadt zieht sich eine frisch gepflasterte Fußgängerzone, und die fast zweieinhalb  Kilometer lange Strandpromenade mit der neuen Seebrücke avancierte seit ihrer Sanierung wieder zur Lieblingsflaniermeile – wie einst in Cranz.

Cranz ist mit heute 13.000 Einwohnern gleich nach Rauschen der beliebteste Kurort der Region. An schönen Sommerwochenenden drängt aus Königsberg eine regelrechte Völkerwanderung von bis zu 40.000 Tagesbesuchern an den Strand. Auch aus Moskau und Russland kommen von Jahr zu Jahr mehr Feriengäste, im Sommer ist in den vielen neuen Hotels kein freies Zimmer mehr zu bekommen, die beiden staatlichen Kur-Sanatorien sind sowieso das ganze Jahr über ausgebucht. Das einst so elegante Ostseebad versucht an die große Vergangenheit anzuknüpfen. Das edle Kaufhaus Sternfeld  mit seinem Kur-Flair wird, wenn es historisch exakt wieder ersteht, einen großen Beitrag dazu leisten.