03.05.2024

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Folge 05-23 vom 03. Februar 2023 / Paläontologie / Eine Blüte, die Millionen Jahre alt ist / Einzigartige Entdeckung in ostpreußischem Bernstein – Zwei Forscherinnen identifizierten in Inklusen eine bestimmte Blütenart

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-23 vom 03. Februar 2023

Paläontologie
Eine Blüte, die Millionen Jahre alt ist
Einzigartige Entdeckung in ostpreußischem Bernstein – Zwei Forscherinnen identifizierten in Inklusen eine bestimmte Blütenart
Silvia Friedrich

„Eine so große Blüte im Bernstein zu finden, die darüber hinaus genau zum Zeitpunkt der Einbettung ins Harz ihren Pollen entlässt, ist sehr außergewöhnlich“, so Eva-Maria Sadowski vom Museum für Naturkunde Berlin. Die Wissenschaftlerin ist begeistert, da Pflanzenteile im Bernstein oft nicht größer als zehn Millimeter sind. Größere Teile waren oft zu schwer, um haften zu bleiben. 

Zusammen mit ihrer Kollegin Christa-Charlotte Hofmann von der Universität Wien untersuchte die Berliner Forscherin dieses Fossil, eine fast drei Zentimeter große Blüte, die vor 34 bis 38 Millionen Jahren eingeschlossen wurde. Das Fundstück wurde vor 150 Jahren in einer der größten Lagerstätten der Welt in Königsberg entdeckt. Zunächst als Scheinkamelie (Stewartia, Teestrauchgewächse) bezeichnet, lagerte es lange in der Sammlung der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR, Berlin). 

Die beiden Wissenschaftlerinnen nahmen sich des Fundstücks erneut an, da ihnen Zweifel an der Bezeichnung kamen. Sie isolierten per Skalpell einige Pollen und unterzogen diese einer Untersuchung am Rasterelektronenmikroskop. „Nur unter extrem hoher Vergrößerung lassen sich morphologische Details auf den nur mikrometergroßen Pollenkörnern erkennen“, erklärt Hofmann. 

Mittels der Pollenuntersuchung und unter Beachtung besonderer Blütenmerkmale ergab sich nun eindeutig eine Zuordnung des Fossils zur Gattung Symplocos (Familie Symplocaceae), also Heidekrautartige, die man bis jetzt noch nie im baltischen Bernstein gefunden hat.

Bernsteinstücke mit Einschlüssen, sogenannten Inklusen, sind Zeitkapseln, die einen unschätzbaren Einblick in unsere Welt, insbesondere in die Beschaffenheit des Bernsteinwaldes liefern. Hoch interessant sind für die Wissenschaft heutzutage auch die sogenannten Grabgemeinschaften (Taphozönosen) im Bernstein.

Diese beherbergen unterschiedliche Fossilien gleichen Alters, wobei sich oft die Frage stellt, wie es dazu kam, dass Inklusen unterschiedlicher Subbiotope (Bodenfauna, Totholzfauna oder Gewässerfauna) genau in diesem einen Stück Bernstein zu finden sind. Ein Rätsel, das es noch zu lösen gilt.

Der Bernsteinwald war ein riesiges Areal von mehreren 100 bis 1000 Quadratkilometern Ausmaß, das sich vor etwa 50 Millionen Jahren von Skandinavien bis ins Gebiet des heutigen Russlands erstreckte. Subtropisches Klima ließ eine Art Regenwald entstehen mit einer überreichen Fauna wie Ginkgos, Eichen, Zypressen, Zedern, Fichten und vor allem auch Nadelbäumen wie die inzwischen ausgestorbene tertiäre Bernsteinfichte. Letztere sonderte in großen Mengen ein dünnflüssiges Harz ab. Millionen Tonnen davon wurden produziert, jedoch extrem viel davon auch an der Luft zerstört. 

Lagerte das Baumharz jedoch unter Luftabschluss im Boden, entwichen über die vielen Jahre die flüchtigen Bestandteile. So entstand ein subfossiles Harz, das man Kopal nennt. Unter Druck über mehrere Millionen Jahre entstand daraus Bernstein. Die im Bernsteinwald vorhandenen Gewässer und der spätere Anstieg des Meeresspiegels beförderten die Stücke dann ins Meer.