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Folge 06-23 vom 10. Februar 2023 / Debatte / Die Selbstermächtigung der „Letzten Generation“ / Anstatt wie vorgegeben die Welt zu retten, bewegen sich die „Klimaschützer“ mit ihren Aktionen in den klassischen Bahnen des Linksextremismus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-23 vom 10. Februar 2023

Debatte
Die Selbstermächtigung der „Letzten Generation“
Anstatt wie vorgegeben die Welt zu retten, bewegen sich die „Klimaschützer“ mit ihren Aktionen in den klassischen Bahnen des Linksextremismus
Klaus Schroeder

Sie liegen nun schon seit Monaten auf der Straße, kleben sich dort fest, sitzen auf Schilderbrücken und stehlen mittlerweile auch Straßenschilder, die Geschwindigkeitsbegrenzungen aufheben, damit die Autos langsamer fahren. Die selbsternannten Klimaschützer der „Letzten Generation“ gefallen sich im Gestus der besseren Menschen, denn der „gewöhnliche Mensch“ sei nicht in der Lage, die Dimensionen ihrer Aktionen zu erkennen. Ihre Ziele variieren von der „Klimarettung“ bis zum Frieden.

In den Medien werden sie „Aktivisten“ genannt. Strafen drohen ihnen kaum. Bisher verurteilte nur das Amtsgericht Berlin-Tiergarten im Sommer 2022 mehrere „Klimaaktivisten“ wegen Nötigung zu Geldstrafen oder – sofern Jugendstrafrecht zur Anwendung kam – zu gemeinnütziger Arbeit. Für die gleichen Delikte gab es jedoch von anderen Richtern auch Freisprüche. Da es sich schwer nachweisen lässt, ob durch die Straßenblockaden Rettungswagen blockiert werden, lässt sich eine Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung bisher nicht durchsetzen.

Mehr linke als rechte Gewalt

Die Straßenaktionen ordnen sich in die Tradition linker Gewalt ein. Linksextremisten haben das staatliche Gewaltmonopol und damit auch die Justiz nie anerkannt. Ihre Gewalt stehe über dieser Form staatlicher Vorschriften. Sie richtet sich nicht nur gegen den Staat und seine Organe wie die Bundeswehr oder auch Sicherheitsfirmen, sondern selbstredend auch gegen „Rechts“ und rechtfertigt damit moralisch Gewalt gegen die AfD und ihre Sympathisanten. 

Die Mittel der Gewalt variieren: Brandstiftung oder Störung der Infrastruktur. Ihre Gewaltausübung begreifen sie wie die selbsternannten Klimaschützer oftmals als Happening, bei dem es ihnen vielfach um den Protest an sich geht und weniger um die Sache. Richtet er sich gegen „Rechts“, ist für sie ohnehin alles erlaubt, denn ebenso wie die meisten Medien betrachten sie „Rechte“ als Bedrohung für sich selber und für die Gesellschaft. Die Gedanken einer zivilen Gesellschaft – Rechtsstaat, Demokratie, Gewaltfreiheit – geraten somit aus dem Blick oder werden geringgeschätzt. 

Die Empirie der Gewaltausübung zeigt jedoch, dass es in den letzten zwanzig Jahren deutlich mehr linke als rechte Gewaltausübung gab. Auch bei den Körperverletzungen liegen die Linken deutlich vor den Rechten. Die Konfrontationsgewalt zwischen Links und Rechts geht nahezu immer von Links aus. Bei den politisch motivierten Gewalttaten seit 1990 liegen die linken Gewalttäter mit 1203 deutlich vor den rechten mit 882 Delikten.

Im Jahr 2021 verübten linke Gewalttäter 435 Körperverletzungen, 173 Brandstiftungen, acht Sprengstoffdelikte und griffen 79-mal gefährlich in die Infrastruktur ein, nicht zuletzt auf Bahnstrecken. Bei den gefährlichen Körperverletzungen zum Beispiel liegen die von linken Gewalttätern verübten Delikte nahezu immer vor denen von rechten Gewalttätern verübten. 

Addiert man die Zahlen der linken und rechten Gewalttaten von 2001 bis 2021, kommt man auf etwas über 30.000 links motivierte Gewalttaten und gut 20.000 rechts motivierte Gewalttaten. Die Empirie gefährlicher Körperverletzungen zeigt ebenfalls ein eindeutiges Bild: Im selben Zeitraum registrierten die Behörden knapp 6000 linke und gut 5000 rechte Gewalttaten.

Die Themen ändern sich, die Akteure sind oft die gleichen

Das Institut für Demoskopie Allensbach schätzt das linke Extremismuspotential in Deutschland unter Einbezug radikaler Linker auf 17 Prozent, das rechte auf 

14 Prozent. Eine FU-Studie, die ebenfalls von insgesamt 17 Prozent radikalen und extremen Linken ausgeht, zeigt im Ergebnis, dass radikale und extreme Linke zu knapp 40 Prozent glauben, der Kapitalismus führe zwangsläufig zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Über 60 Prozent werten das parlamentarische System der Bundesrepublik Deutschland nicht als eine „echte Demokratie“. Etwa jeder dritte radikale oder extreme Linke hält eine Demokratie nur ohne Kapitalismus für denkbar, jeder fünfte möchte keine Reform, sondern gleich die Revolution. Knapp die Hälfte der Linken gewichtet soziale Gleichheit höher als individuelle Freiheit, ohne zu thematisieren, was „soziale Gleichheit“ bedeutet. Erschreckend ist die Geringschätzung individueller Freiheit durch diese Personen. Gewalt gegen andere Personen (Polizisten) finden knapp zehn Prozent gerechtfertigt. 

Es ist geradezu atemberaubend, wie schnell sich die Themen des (linken) Protestes ändern, die Akteure sind nahezu immer die gleichen. Sie setzen sich in Szene, suchen den Weg in die Medien und erlangen hierdurch eine Pseudoprominenz, die ihnen nicht nur Öffentlichkeit, sondern offenbar auch Selbstbewusstsein verschafft. Dem kritischen Beobachter stellt sich die Frage, ob es tatsächlich um die Sache oder um die eigene Person geht.

Viele Medien und selbst Wissenschaftler sehen in rechter Gewalt und in politisch rechts eingestellten Personen den „Hauptfeind“, nur wenige trauen sich, die empirisch gemessene Realität angemessen zur Kenntnis zu nehmen. Sie befürchten, ausgegrenzt und an den –selbstverständlich von links definierten – moralischen Pranger gestellt zu werden. 

Festhalten lässt sich jedoch: Jegliche Blockade von Straßen und Autobahnen ist keine politische Handlung, sondern eine kriminelle Straftat, die geahndet werden muss.






Prof. Dr. Klaus Schroeder ist Professor für Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin und wissenschaftlicher Leiter des Forschungsverbundes SED-Staat. Er hat zahlreiche Aufsätze und Bücher über die Geschichte der DDR veröffentlicht, unter anderem das Standardwerk „Der SED-Staat. Geschichte und Strukturen der DDR. 1949–1990“.