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Folge 06-23 vom 10. Februar 2023 / Kommentare / Der Sinn des Erinnerns

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-23 vom 10. Februar 2023

Kommentare
Der Sinn des Erinnerns
René Nehring

Wie soll man ein Regime nennen, das Eltern, wenn diese politisch nicht auf Linie waren, die Kinder entzog (siehe Seite 11)? Wie soll man ein Regime nennen, das Mädchen und Jungen als Staatseigentum betrachtete, über die es nach Belieben zu verfügen glaubte? Und wie soll man ein Regime nennen, das Kinder im Namen der Familienzusammenführung nur dann zu ihren Eltern ließ, wenn der Nachwuchs einen niederen Intellekt hatte und somit für den Staat keinen praktischen Nutzen besaß?  

So geschehen in der Deutschen Demokratischen Republik im Namen des real existierenden Sozialismus. Dessen Ende liegt inzwischen mehr als dreißig Jahre zurück, weshalb denn auch immer wieder Forderungen nach einem Schlussstrich zu vernehmen sind. Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt wurde bereits mit Wirkung zum 17. Juni 2021 die Institution des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen aufgelöst und die Bestände des Hauses in das Bundesarchiv überführt. 

Doch zeigen Geschichten wie der zynische Handel der DDR mit ihren Landeskindern, dass es noch lange nicht Zeit für ein Abheften des SED-Unrechts in den Archiven ist. Die betroffenen Kinder von einst stehen mitten im Leben und werden – je nach Geburtsjahr – noch lange unter uns weilen. Wie die anderen Opfer der beiden deutschen totalitären Regime haben sie Anspruch darauf, dass unsere Gesellschaft sich ihrer erinnert. Bislang jedoch ist ihr Schicksal in den meisten Fällen der Allgemeinheit noch nicht einmal bekannt. 

Hinzu kommt, dass die DDR-Staatspartei SED kaum belangt wurde für die von ihr begangenen Verbrechen. So konnte sie sich – mal als PDS, mal als „Die Linke“ – seit 1990 schnell als Anwältin der Menschen von Rügen bis zum Thüringer Wald inszenieren – und wurde kaum mehr damit konfrontiert, dass die gleiche Partei kurz zuvor noch eben jene Menschen hinter Mauer und Stacheldraht interniert hatte. Solange die SED/PDS/Die Linke damit durchkommt, stellt sich die Frage einer Historisierung der DDR-Vergangenheit erst gar nicht.