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Folge 06-23 vom 10. Februar 2023 / Zweiter Weltkrieg / Ein Stalingrad-Überlebender erzählt / Vor 80 Jahren kapitulierte die deutsche Armee in der berühmten Kesselschlacht – Nur wenige entkamen der Hölle ungeschoren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-23 vom 10. Februar 2023

Zweiter Weltkrieg
Ein Stalingrad-Überlebender erzählt
Vor 80 Jahren kapitulierte die deutsche Armee in der berühmten Kesselschlacht – Nur wenige entkamen der Hölle ungeschoren
Dagmar Jestrzemski

Vor 80 Jahren, am 3. Februar 1943, endete die monatelange Schlacht um Stalingrad mit der Vernichtung der 6. Armee.  Einer der letzten Überlebenden der Hölle von Stalingrad war Hans-Erdmann Schönbeck, der am 18. Oktober 2022 im Alter von 100 Jahren in München gestorben ist. 

Schönbeck war vermutlich der letzte Zeitzeuge, der sich noch aktiv an seinen Einsatz in Stalingrad erinnern konnte. Jahrzehntelang hat er selten darüber gesprochen. Anfang 2021 entschloss sich Schönbeck jedoch, zusammen mit dem Autor Tim Pröse ein Buch zu veröffentlichen, um seine Erinnerungen an Stalingrad mitzuteilen und von seinen Kriegseinsätzen als junger Wehrmachtsoffizier zu berichten. 

Pröse und Schönbeck kannten sich seit den Gesprächen, die beide für Pröses 2016 erschienenes Buch „Jahrhundertzeugen. Die Botschaft der letzten Helden gegen Hitler“ geführt hatten. Seither war ihr Kontakt nicht abgerissen. Auf dieser vertrauensvollen Basis entstand ein fesselndes, gedanklich tiefschürfendes Buch mit dem Titel „,… und nie kann ich vergessen‘. Ein Stalingrad-Überlebender erzählt von Krieg, Widerstand und dem Wunder, 

100 Jahre zu leben“. Pröse hat den freundlichen alten Herrn, den er überaus schätzte, insgesamt 19 Mal in seiner Wohnung im elften Stockwerk der Münchener Seniorenresidenz Augustinum besucht. 

Im Mittelpunkt des Buches stehen Schönbecks bewegende und noch überraschend detailreiche Erinnerungen, angefangen in Ohlau nahe Breslau, wo der angehende Abiturient das Gymnasium besuchte und wohl nur durch das Eingreifen seines Vaters, der als Offizier reaktiviert worden war, einer Rekrutierung durch die SS entging. Im Krieg gegen Stalingrad war er als 20-jähriger Panzeroffizier bereits in einer Position mit enorm hoher Verantwortung. Erschütternd sind seine Berichte über die Leiden und Ängste der müden und abgekämpften jungen Soldaten, die bei Minustemperaturen von 20 bis 

30 Grad hungerten und froren, nachdem die Rote Armee sie im November 1942 umzingelt hatte. Aus dem Kessel von Stalingrad wurde er schwer verwundet und erblindet mit einer der letzten Maschinen ausgeflogen. Während der monatelangen Genesung kehrte sein Augenlicht zurück.

Seine Einstellung änderte sich

Ihm wurde in Stalingrad bewusst, dass der „Führer“ kein Erbarmen kannte. In dem aussichtslosen Kampf verriet er sie und beschloss ihr Sterben. Schönbecks anerzogene Einstellung zum Krieg änderte sich. Er wurde zum Hitler-Gegner. Im Sommer 1942 war er in Ostpreußen zusammen mit Albrecht von Hagen im Mauerwald in einer Baracke nahe dem Führerhauptquartier Wolfsschanze untergebracht. Beide wussten, dass sie auf derselben Seite standen. 

Ohne es zu ahnen, schlief Schönbeck neben der Bombe. Nach dem missglückten Attentat gelang es ihm, sich bei den Verhören durch die SS als ahnungslos herauszureden. Am 20. November 1943 kam er Hitler ganz nahe und war bewaffnet, als dieser in die Breslauer Jahrhunderthalle einmarschierte und eine Rede hielt. Sekundenlang spielte er mit dem Gedanken, ihn zu erschießen, dachte dann aber an seine Familie und tat es nicht. „Wenn ich heute an diesen Moment denke, bin ich immer noch schweißgebadet“, bekannte Schönbeck. Er schätzte sich glücklich, dass seine Traumata ihn nicht für sein späteres Leben gezeichnet haben. 

Auch Tim Pröse hat sich mit eigenen Kapiteln eingebracht, in denen er persönliche Eindrücke und Gedanken zu einer eigenen Erzählung verbindet. Dank der einfühlsamen Betreuung durch den erfahrenen Autor entfaltet sich neben dem packenden Zeitzeugenbericht ein feinfühliges Porträt von Hans-Erdmann Schönbeck, den ehemaligen Spitzenmanager der Automobilindustrie. 

Aufgewachsen nahe Breslau auf dem elterlichen Gut Alt-Jaegel bei Strehlen [Strzelin], wäre Schönbeck nach dem Krieg gern Landwirt geworden. Jedoch bewährte er sich als talentierter Verkäufer in einem Münchener Autogroßhandel, wurde Vertriebsvorstand bei Auto Union und NSU. Zehn Jahre war er bei BMW Betriebsvorstand, dann Präsident des Verbands der Automobilindustrie e.V. sowie des Verbandes der Europäischen Automobilindustrie. 

Hans-Erdmann Schönbeck: „,… und nie kann ich vergessen‘. Ein Stalingrad-Überlebender erzählt von Krieg, Widerstand – und dem Wunder, 100 Jahre zu leben“, Heyne Verlag, München 2022, gebunden, 288 Seiten, 18 Euro


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