06.05.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 06-23 vom 10. Februar 2023 / Vogelwelt / Nilgänse erobern auch Vorpommern / Schöne, aber streitlustige Gänse nun auch an der Oder

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-23 vom 10. Februar 2023

Vogelwelt
Nilgänse erobern auch Vorpommern
Schöne, aber streitlustige Gänse nun auch an der Oder
K.-H. Engel

So ein hübscher Vogel! In der Tat heben sich Nilgänse, was ihren Gefiederschmuck betrifft, auffallend von den im Pommernland heimischen Wildgänsen ab. Ihr seidiges, in Spielarten von schwarz, rot, weiß und grün überflogenes Federkleid wirkt zwar nicht bunt, aber ausgesprochen farbenfroh. Anders eben als das der hierzulande bekannten Graugänse. 

Nilgänse – der Name klingt nach Afrika, und dort gehören sie ihrem Ursprung nach auch hin. Bekannte pommersche Ornithologen, etwa Eugen Ferdinand von Homeyer (1809–1889), Gutsherr auf Nerdin bei Anklam und später im hinterpommerschen Stolp ansässig, oder auch der Stettiner Naturkundler Paul Robien (1882–1945) haben die Südländer daher nicht in ihrem Schrifttum aufgeführt. Von Nilgänsen war zu damaliger Zeit an pommerschen Gewässern noch keine Rede.

Inzwischen hat sich das geändert. Die zu den sogenannten Halbgänsen zählenden Exoten werden zunehmend in Landstrichen beiderseits der Oder gesichtet. Es sind bereits Bruten und Gösselaufzuchten bekannt geworden.

Wie erwähnt stammen Nilgänse aus Afrika. In Europa hielt man sie jedoch in Tiergärten. Aus holländischen Ziergeflügelhaltungen sollen derweil immer wieder welche entwichen sein. Sie eilten jedoch nicht zurück auf den afrikanischen Kontinent, sondern blieben und bildeten allmählich in den großen Flusslandschaften von Maas, Rhein und Ems eigene Populationen. Die Nilgänse vermehrten sich rasch und bevölkerten schließlich auch Mosel, Main, Weser und Elbe nebst ihren Nebenflüssen und Seen. Dort sind sie heute allerorten zu finden. 

Sie erweisen sich als erstaunlich anpassungsfähig in vielerlei Hinsicht. So kommen sie mit den Witterungs- und Ernährungsverhältnissen bestens zurecht. Im Sommer stillen sie ihren Hunger hauptsächlich auf Grasland und Getreide- und Gemüsefeldern. Im Winter fliegen sie gern Bauernhöfe an, um sich dort ohne Scheu am Silagemais zu bedienen. 

Bei der Wahl ihrer Brutstandorte sind sie anspruchslos. Wie aus ornithologischen Berichten hervorgeht, bauen sie ihre Heimstatt in Schilfgürteln, nutzen aber ebenso Baumhöhlen und Nester von Greifvögeln in respektabler Höhe. Die geschlüpften Gössel springen – ähnlich wie Schellentenkücken – mutig hinunter.

Aus dem Tiergarten entflogen

Über Mecklenburg gelangten Nilgänse vor einigen Jahren schließlich nach Vorpommern. Gewissermaßen erste Erwähnung fand die Art im 1979 erschienenen avifaunistischen Standardwerk „Die Vogelwelt Mecklenburgs“. Danach waren am 3. Mai 1974 zwei Exemplare am Greifswalder Ryckgraben gesehen worden. Es handelte sich aber um Tiere, die dem Heimattiergarten der Stadt entflogen waren. Echte Zuwanderer traten schließlich in den 1990er Jahren in Erscheinung. Etwa ab dem Jahr 2000 verzeichnen Ornithologen eine stete Zunahme.

Peene, Haff und Oder sind nun also um eine hübsche Vogelart reicher, wenngleich man sie gegenwärtig noch als lokale Erscheinung einstuft. Bei der recht hohen Vermehrungsrate dürfte das aber die längste Zeit gedauert haben.

Aus der Erfahrung an westdeutschen Flüssen weiß man indes, dass die Einwanderung nicht konfliktfrei verläuft. Die schönen Gänse sind nämlich vor allem während der Brutzeit überaus zänkisch und neigen auch sonst zur Übergriffigkeit gegenüber anderem Vogelgetier. So sollen sie heimische Wasservögel bedrängen und deren Fortpflanzungsgeschäft empfindlich stören. Es wird daher befürchtet, dass sie zum Rückgang ansässiger Arten beitragen. In westlichen Bundesländern, da wo Nilgänse auch in Ballungsräumen schon dominant auftreten, spricht man außerdem bereits von Plagen in Parks und an Badestränden.

Eine weitere Zunahme wird deutschlandweit mit Skepsis betrachtet. Nilgänse unterliegen deshalb inzwischen dem Jagdrecht. Obwohl ihr Brutbestand hierzulande erst 40 bis 50 Paare betragen soll, dürfen sie auch in Mecklenburg-Vorpommern schon vom 1. August bis 15. Januar erlegt werden.