03.05.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 7-23 vom 17. Februar 2023 / Energiekrise / Polen führt deutschen Partner vor / Tanker mit Öl für die Schwedter PCK-Raffinerie wurde in Danzig abgewiesen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 7-23 vom 17. Februar 2023

Energiekrise
Polen führt deutschen Partner vor
Tanker mit Öl für die Schwedter PCK-Raffinerie wurde in Danzig abgewiesen
Hermann Müller

Wäre es nach Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) gegangen, dann hätte Robert Habecks Staatssekretär Michael Kellner (Grüne) bereits am 15. Februar auf einer Sondersitzung der Taskforce zur Raffinerie PCK erscheinen sollen. Wegen einer Asienreise mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird Kellner allerdings erst später nach Potsdam kommen. Trotz der Verschiebung dürfte der Fragebedarf an den Staatssekretär aus dem Bundeswirtschaftsministerium nicht abnehmen. Im Fall der Raffinerie in Schwedt haben sich nämlich viele Befürchtungen, die Habeck und Kellner entkräften wollten, nun bestätigt.

Nach dem Willen der Bundesregierung muss die PCK-Raffinerie in der nordbrandenburgischen Stadt seit Jahresbeginn auf russisches Rohöl verzichten. Bevor zum 1. Januar der Ölhahn bei der Druschba-Pipeline zugedreht wurde, hatte insbesondere das vom Grünen Habeck geführte Wirtschaftsministerium allerdings zugesagt, sich um eine sichere Alternativversorgung für die märkische Raffinerie zu kümmern. Als Ersatz für das russische Pipeline-Öl sollte Öl aus anderen Herkunftsländer über die Häfen in Danzig und Rostock herangeschafft werden. Kellner hatte Mitte Dezember im Bundestag zudem den Eindruck erweckt, Vereinbarungen mit Polen und Kasachstan zur Versorgung der PCK seien bereits unter Dach und Fach.
Nur noch 56 Prozent Auslastung

Wenige Wochen später macht sich in Schwedt und auch in der Landeshauptstadt Potsdam nun aber Ernüchterung breit. Dies betrifft insbesondere die bisherigen Aussagen der Bundesregierung. Seit Januar wird die PCK-Raffinerie nur noch über eine kleine Pipeline mit Öl versorgt. Diese Leitung reicht allerdings nicht aus, um die riesige Anlage mit so viel Öl zu versorgen, dass sie vollständig ausgelastet werden kann. Ein Teilbetrieb der Anlage gilt wiederum auf Dauer als wirtschaftlich nicht tragbar.
Nach Angaben der Geschäftsführung ist die Auslastung der Raffinerie nach dem Importstopp im Januar auf nur noch 56 Prozent abgesunken. Aus dem Bundeswirtschaftsministerium war im vergangenen Jahr noch eine Auslastung von 70 Prozent ab Januar zugesagt worden.
Auch die im vergangenen Jahr diskutierte Idee, zur Versorgung von Schwedt eine weitere Pipeline zu bauen, hat sich in Luft aufgelöst. Das Bundesverkehrsministerium bestätigte Ende Januar, dass keine zweite Öl-Pipeline vom Rostocker Hafen zur PCK-Raffinerie mehr geplant sei. Das Bundeswirtschaftsministerium will lediglich die vorhandene Leitung, die aus dem Jahr 1969 stammt, modernisieren, um den Durchfluss zu erhöhen.
Mit dieser Entwicklung ist die Schwedter Raffinerie noch stärker darauf angewiesen, über den Danziger Hafen mit Ölimporten versorgt zu werden. Wie sich nun herausgestellt hat, blockiert Polen allerdings die Belieferung. So ist laut Medienberichten im Januar ein Tanker mit Öl für Schwedt in Danzig abgewiesen worden. Von polnischer Seite wurde dies damit begründet, dass der Tanker von Rosneft, dem russischen Haupteigentümer der PCK, gechartert worden sei.

Ebenso verstörend sind Berichte, nach denen Polen auch im Januar weiterhin Öl aus Russland bezogen haben soll. Die polnische Seite beruft sich dabei auf laufende Verträge, die einzuhalten seien. Die Polen verweisen in diesem Zusammenhang auf Strafzahlungen, die bei Vertragsbruch fällig würden.
Scholz gerät unter Druck

Mit diesem polnischen Vorgehen ist es nun Deutschland, das im Alleingang auf russisches Pipeline-Öl verzichtet. In einer Protokollerklärung hatte Bundeskanzler Scholz Ende Mai 2022 nach einem Gipfel des Europäischen Rats erklärt, auf eine von Ungarn durchgesetzte Ausnahmeregelung beim Ölembargo freiwillig zu verzichten. Polens Regierung hatte seinerzeit ebenfalls eine solche Protokollnotiz abgegeben. Der Umstand, dass Polen sich nun doch weiter mit russischem Öl beliefern lässt, könnte hierzulande dazu führen, den von Scholz erklärten Verzicht auf russisches Pipelineöl noch schärfer in Frage zu stellen. Ebenfalls bereits im Januar hatten Unionspolitiker darauf hingewiesen, dass der Importstopp gar keine gesetzliche Grundlage habe, sondern eigentlich nur auf der Erklärung von Kanzler Scholz beruhe. Auch aus EU-Recht lässt sich bisher kein Importverbot ableiten. Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten hatten Ende Mai 2022 lediglich vereinbart, so weit wie möglich kein russisches Öl mehr zu kaufen. Es bestand auch Konsens darüber, dass weiterhin russisches Öl über Pipelines bezogen werden darf, solange einzelne EU-Länder die Lieferungen nicht ersetzen können.
Vor diesem Hintergrund hatte Unions-Fraktionsvize Sepp Müller bereits auf die Möglichkeit einer juristischen Schlappe hingewiesen, falls Rosneft auf die Einhaltung laufender Verträge vor Gericht pochen sollte. Wenn sich Deutschland über EU-Sanktionen hinausgehend von russischem Pipeline-Öl trenne, so Müller, sei es „zumindest zweifelhaft, ob es vor Gericht hält“.