02.05.2024

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Folge 7-23 vom 17. Februar 2023 / Großbritannien / Schwere Zeiten für die Tories / Reform UK, die ehemalige Brexit Party, könnte die Conservative Party wertvolle Prozente kosten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 7-23 vom 17. Februar 2023

Großbritannien
Schwere Zeiten für die Tories
Reform UK, die ehemalige Brexit Party, könnte die Conservative Party wertvolle Prozente kosten

Das neue Jahr hat nicht gut angefangen für die Tories. Dass die Umfragewerte mies sein würden, damit haben alle gerechnet. Aber der Absturz auf 24 Prozent erschüttert Großbritanniens Konservative bis ins Mark. Nach den Turbulenzen um den Brexit und die Corona-Eskapaden des früheren Premiers Boris Johnson sucht die Partei nach dem Rücktritt der Johnson-Nachfolgerin Liz Truss nach einer neuen Identität.
In der Tageszeitung „The Telegraph“ hat die ehemalige Premierministerin moniert, dass ihr die Partei nie eine „realistische Chance“ zur Durchsetzung ihres radikalen Programms gelassen habe. Gleichzeitig ging sie auf Distanz zur Steuerpolitik ihres Nachfolgers Rishi Sunak. In der Partei wird seit Monaten mit harten Bandagen gekämpft. Wie die „Neue Zürcher Zeitung“ berichtet hat, machen Gerüchte die Runde, die „Eliten von Davos“ hätten Truss über die Finanzmärkte zum Scheitern gebracht und durch ihren „Handlanger“ Sunak ersetzt.
Befeuert werden die Streitigkeiten von der ehemaligen Brexit Party, die seit zwei Jahren „Reform UK“ heißt. Immerhin sieben Prozent würden laut Meinungsumfragen diese EU-skeptische Partei wählen.

Die Brexit Party wurde Anfang 2019 von Befürwortern eines harten EU-Ausstiegs gegründet. Initiator war der langjährige Vorsitzende der UK Independence Party (UKIP) Nigel Farage, der Jahre für einen Brexit gekämpft hatte. Bei den Europawahlen 2019 erreichte sie mehr als 30 Prozent und war damit stärkste Einzelpartei. Doch auf nationaler Ebene blieben die Ergebnisse schwach. Nachdem der Brexit erreicht war, zogen sich viele der Gründer zurück, die Partei verschwand aus der öffentlichen Wahrnehmung.

Der Unternehmer und frühere Europaabgeordnete Richard Tice trat der Brexit Party noch im Jahre ihrer Gründung bei. Zwei Monate nach deren Umbenennung in „Reform UK“ im Januar 1921 übernahm er deren Vorsitz von Farage.
Unter ihm ist die Partei nicht mehr so immigrationskritisch ausgerichtet wie unter seinem Vorgänger. Bei der Reform UK dominieren nun wirtschaftspolitische Themen, und sie sucht gar nicht erst den Anschluss an die Konservativen. Sie fordert den Abbau der Wartelisten im Gesundheitswesen, einen schlankeren Staat und die Förderung billiger fossiler Brennstoffe statt grüner Klimapolitik.

„Die Tories haben so viel Unheil über das Land gebracht, dass sie es verdienen, zerdrückt und zerstört zu werden“, sagt Tice martialisch. Anders als sein Vorgänger stellt er klar, dass seine Partei bei den kommenden Parlamentswahlen nirgendwo zurückziehen werde. Farage hatte in besonders umkämpften Wahlkreisen darauf verzichtet, eigene Kandidaten ins Rennen zu schicken. Für ihn hatte es Priorität gehabt, den Sieg eines Kandidaten der EU-freundlichen Linken zu verhindern.

Aufgrund des britischen Mehrheitswahlrechts, das die großen Parteien bevorzugt, gilt es zwar als ausgeschlossen, dass die Reform UK im neuen Parlament vertreten sein wird, doch schon ein Ergebnis von mehr als fünf Prozent würde die Chancen der Konservativen erheblich schmälern. Die aktuelle Entwicklung scheint derart interessant zu sein, dass Farage mit einem politischen Comeback liebäugelt.Peter Entinger