02.05.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 7-23 vom 17. Februar 2023 / Nuklearenergie / Frankreich plant 14 weitere Kernreaktoren / Im Gegensatz zu Berlin setzt Paris auf mehr statt auf weniger Atomstrom

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 7-23 vom 17. Februar 2023

Nuklearenergie
Frankreich plant 14 weitere Kernreaktoren
Im Gegensatz zu Berlin setzt Paris auf mehr statt auf weniger Atomstrom
Wolfgang Kaufmann

Ende Januar jubilierte der grüne Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, während einer internen Sitzung des Netzagenturbeirats: „Wir freuen uns über jedes AKW, das am Netz ist!“ Damit meinte er allerdings nicht die letzten in Betrieb befindlichen deutschen Kernkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2, sondern die nach einer längeren Pause wieder hochgefahrenen 18 französischen Atommeiler. Dadurch produzieren nun 44 der insgesamt 56 in Frankreich vorhandenen Reaktoren Strom und mildern so auch die Folgen der verfehlten Energiepolitik der Bundesrepublik. Und es könnte noch besser kommen.

Am 24. Januar stimmte das Oberhaus des französischen Parlamentes, der Senat, mit 239 gegen 16 Stimmen für ein Gesetz zur Ermöglichung des beschleunigten Baues neuer Kernreaktoren. Die Abgeordneten folgten damit dem Aufruf der Ministerin für Energiewende, Agnès Pannier-Runacher: „Es geht darum, keine Zeit zu verlieren!“ So gelten künftig vereinfachte Vorschriften für Genehmigungsverfahren, in deren Verlauf nicht mehr die Kommunen, sondern staatliche Behörden die Einhaltung der nötigen Standards prüfen. Um Zeit zu sparen, kann die Errichtung von Nebenanlagen zudem auch bereits vor Abschluss der Diskussion über die Sicherheit der Reaktoren beginnen.

Insgesamt sind 14 weitere Atommeiler vorgesehen, die jeweils am Standort bereits existierender Kernkraftwerke gebaut werden sollen. Jeweils zwei sollen in Penly in der Normandie, in Gravelines am Ärmelkanal sowie entweder in Bugey oder Tricastin an der Rhone entstehen. Die Standorte der übrigen Meiler sind noch offen. Zwischen 2035 und 2050 sollen die 14 Atommeiler ans Netz gehen. Der Kraftwerksbetreiber, die börsennotierte, aber staatlich dominierte französische Elektrizitätsgesellschaft Électricité de France (EDF), rechnet mit Baukosten von 50 bis 65 Milliarden Euro.
Die 14 Neubauten würden die geplante Außerbetriebnahme der älteren Reaktorblöcke in Bugey, Tricastin, Dampierre, Gravelines, Saint-Laurent, Blayais, Chinon, Paluel, Cruas und Belleville kompensieren, deren Laufzeit zum Teil bis 2050 verlängert werden soll. Die Notwendigkeit dieser Stilllegungen soll nach dem Willen des Senats nochmals überprüft werden.

Mit dem neuen Gesetz wurde der Plan des bis 2017 amtierenden französischen Präsidenten François Hollande aufgegeben, den Anteil des Atomstroms in Frankreich von 75 auf 50 Prozent zu reduzieren und zur Erreichung dieses Ziels keine neuen Reaktoren mehr zu errichten, sondern vielmehr nach Fessenheim 1 und 2, die bereits im Februar und Juni 2020 außer Betrieb gegangen sind, noch ein Dutzend weiterer Meiler abzuschalten.
Im März muss zwar noch das Unterhaus des französischen Parlaments, die Nationalversammlung, das Gesetz absegnen. Das gilt aber als Formsache.