03.05.2024

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Folge 7-23 vom 17. Februar 2023 / Analyse / Die Kandidatin

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 7-23 vom 17. Februar 2023

Analyse
Die Kandidatin
Peter Entinger

Bei den Vorwahlen zur Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten ist es ein wenig wie beim Mikado. Wer zuerst zuckt, verliert. Bei den Republikanern könnte das für den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump und seinen selbsternannten Herausforderer gelten. Das Demoskopieunternehmen „Morning Consult“ befragte vor einigen Wochen 3459 „Republikaner, die sich auch an den Vorwahlen beteiligen wollen“, nach ihren Favoriten.
Ergebnis: 48 Prozent waren für Trump, 31 Prozent für Ron DeSantis, den Gouverneur von Florida, acht Prozent für Mike Pence, drei Prozent für Liz Cheney, je zwei Prozent für Ted Cruz und die ehemalige UN-Botschafterin Nikki Haley, je ein Prozent für Greg Abbott, Kristi Noem, Mike Pompeo und Tim Scott sowie deutlich weniger als ein Prozent für Glenn Youngkin.

Doch glaubt man US-amerikanischen Kommentatoren, muss das nicht viel heißen. Denn die Amerikaner würden Außenseiter lieben, die spät ins Rennen einsteigen und das Feld von hinten aufrollen. Für den 15. Februar hatte Haley, die ihren UN-Posten nach gut einem Jahr im Herbst 2018 aufgrund von Differenzen mit Trump aufgab, einen öffentlichen Auftritt angekündigt. Allgemein wurde erwartet, dass sie nun ins Präsidentschaftsrennen einsteigen würde. Die Medien in den USA überschlugen sich geradezu vor Begeisterung. Einhelliger Tenor: „Die Zeit ist reif für eine Frau.“ Das sehen auch immer mehr Wähler so.

Haley könnte zugutekommen, dass sie nicht für den Typ „fortschrittliche“ Politiker-Frau europäischen Formats steht. Die 51-Jährige ist strikte Abtreibungsgegnerin und spricht sich auch gegen gleichgeschlechtliche Ehen aus.
Ihre angekündigte Kandidatur macht sogar die Demokraten nervös. Trump-Nachfolger Joe Biden hat offengelassen, ob er im kommenden Jahr erneut antreten wird. Immer häufiger wird diskutiert, den 80-Jährigen durch seine Stellvertreterin Kamala Harris zu ersetzen.
Hier Haley, das Kind indischer Einwanderer, dort Harris mit afroamerikanischen und asiatischen Wurzeln. Hier eine konservative Frau aus Unternehmerkreisen, dort die liberale Vollblut-Politikerin. Für die US-Öffentlichkeit ein geradezu traumhaftes Duell. Haley wurde 1972 in South Carolina, als Nimrata Nikki Randhawa geboren. Im Alter von 24 Jahren heiratete die Tochter von Sikhs den methodistischen Offizier der Nationalgarde Michael Haley nach dem Ritus der Sikhs sowie auch der Methodisten. 1997 nahm sie den Glauben ihres Mannes an. Kritiker Haleys aus der eigenen Partei, von denen es nicht wenige gibt, bezeichnen dies gerne als eine „Überanpassung.“

Ihr Vorteil könnten dabei durchaus Herkunft und Werdegang sein. Sie wurde in eine eher kleinbürgerliche Schicht hineingeboren, hat ein abgeschlossenes Studium im Rechnungswesen absolviert und hat gemeinsam mit ihrer Mutter ein florierendes Wirtschaftsunternehmen aufgebaut. Und sie gilt als clevere Taktikerin. Obwohl ihr Bruch mit Trump 2018 offensichtlich war, hat sie bis heute auf eine öffentliche Distanzierung verzichtet. Das könnte ihr Stimmen gerade aus den ländlichen Regionen verschaffen, wo der Altpräsident immer noch über erstaunlich hohe Zustimmungswerte verfügt.
Ihre unverbindliche Art weckt naturgemäß Neider. Haley sei ein „rag­head“ (Lappenkopf), tönte vor Jahren der damalige republikanische Senator Jake Knotts, ein innerparteilicher Gegner Haleys. „Ragheads“ ist eine abwertende Bezeichnung für Muslime, Araber oder Sikhs, die ein Kopftuch tragen.
Haley selbst hat sich bisher aus den innerparteilichen Scharmützeln konsequent herausgehalten. Der frühere Außenminister Mike Pompeo, der selbst gerne die Demokraten herausfordern würde, hat mit seinem Buch „Niemals einen Millimeter nachgeben“ das Gerücht gestreut, dass Trump es während seiner Präsidentschaft in Erwägung gezogen habe, seinen Vize Pence durch Haley zu ersetzen. Damit habe er wohl die Behauptung untermauern wollen, dass zwischen Trump und Haley eine Art Arbeitsteilung bestehen sollte.
„Es ist wirklich traurig, wenn man Lügen und Geschwätz verbreitet, nur um ein Buch zu verkaufen“, konterte Haley lässig. Sie weiß, dass sie ein dickes Fell brauchen wird. „Auch wenn viele es nicht wahrhaben wollen: Ich übernehme nicht irgendwelche Vorgaben. Ich habe meinen eigenen Kopf und sortiere für mich selbst, was ich richtig finde und was ich falsch finde“, sagte sie kürzlich.