Seitdem im Iran die Mullahs herrschen, macht man als Ausländer lieber einen großen Bogen um das Land. Dass es früher einmal anders war, veranschaulicht Stefan Piasecki in seinem Roman „Himmelsleiter“, in dem sich Bürger vieler Nationen in dem weltoffenen Land versammeln, darunter auch Deutsche.
Der Erzähler führt uns in die Welt der späten 1920er Jahre ein, als der Iran noch Persien genannt wurde und mit Reza Schah die Pahlavi-Dynastie begann, die 1979 mit der islamischen Revolution endete. Umgeben von westlichen Glücksrittern, Geheimagenten und Femme Fatales soll der Berliner Hochschuldozent und Ingenieur Wilhelm Darburg in Teheran für eine neue Zeppelin-Verbindung einen Luftkreuzstützpunkt aufbauen. Da er früher bereits das Land bereist hatte, ist er der ideale Mann für die DELAG, der Deutschen Luftschiffahrts-Aktiengesellschaft, die mit dem Luftschiff „Graf Zeppelin“ eine Orientverbindung zwischen Indien und Deutschland einrichten will, um den Briten die Lufthoheit im Handelsverkehr streitig zu machen.
Als Darburg nach Persien kommt, findet er ein Land vor, in dem die Moderne gerade Einzug hält. So trifft er auf eine junge Landsmännin, die in Teheran gegen die übermächtige Konkurrenz aus den USA ein Ufa-Kino eröffnen will. Gleichzeitig erfährt man von islamischen Feiern wie dem „Moharram“, bei dem ein aufgewühlter Mob Ausländer angreift, die von Kosakenbrigaden beschützt werden müssen, weil auf die Polizei kein Verlass ist. Und schon damals galt für Ausländer: „Die inneren Angelegenheiten des Gastlandes öffentlich zu erörtern, war ihnen untersagt.“
Mit einfühlsamer Kennerschaft eben dieses Landes entfaltet Piasecki ein lebhaftes Panorama der persischen Gesellschaft, in dem Darburg nach vielen
Kämpfen am Ende sein berufliches und privates Glück findet. Angereichert ist der Roman mit dokumentarischem Foto- und Kartenmaterial sowie technischen Zeichnungen des LZ127 „Graf Zeppelin“.
Mit ähnlicher wissenschaftlicher Akribie hat der Autor, der im Hauptberuf Soziologie- und Politikprofessor in Duisburg ist, mit „Kleine Frau im Mond“ schon zuvor einen ebenso lehrreichen Roman über das Ufa-Filmunternehmen der 1940er Jahre geschrieben, der jetzt um Bildmaterial erweitert neu aufgelegt ist.
Stefan Piasecki: „Himmelsleiter – Nardebane Aseman“, edition vi:jo, Krefeld 2023, 388 Seiten, 26,95 Euro (gebunden), 19,95 Euro (Taschenbuch)
„Kleine Frau im Mond: Leben zwischen Traumfabrik und totalem Krieg“: edition vi:jo, Krefeld 2023, 494 Seiten, 29,95 Euro (gebunden), 24,90 Euro
(Taschenbuch)