29.04.2024

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Folge 08-23 vom 24. Februar 2023 / Freie Demokraten / Katzenjammer bei der FDP / Miserables Ergebnis bei der Berlin-Wahl und kein Ende der Flaute in Sicht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-23 vom 24. Februar 2023

Freie Demokraten
Katzenjammer bei der FDP
Miserables Ergebnis bei der Berlin-Wahl und kein Ende der Flaute in Sicht
Peter Entinger

Das Ergebnis muss ich mir mit Alkohol schön trinken“, soll FDP-Vize Wolfgang Kubicki unmittelbar nach Schließung der Berliner Wahllokale gesagt haben. Abermals haben die Liberalen eine schwere Niederlage kassiert. 4,6 Prozent standen zu Buche, zum ersten Mal seit 2011 scheiterte die FDP in der Hauptstadt an der Fünf-Prozent-Hürde. Und das, obwohl mit Sebastian Czaja ein bekannter Spitzenkandidat zur Verfügung stand. Einer, den Kubicki „als einen unserer besten Wahlkämpfer“ bezeichnete. Doch genutzt hat es nichts. Es gibt Wahlbezirke, da fiel die FDP hinter die Partei Mensch Umwelt Tierschutz zurück. In Marzahn-Hellersdorf kam die 2000 Mitglieder zählende Tierschutzpartei auf 4,4 Prozent und erreichte damit zwei Sitze im Bezirksrat. Die FDP ging hingegen leer aus. Für eine Regierungspartei ist das ein Fiasko. 

Der Erfolg bei der Bundestagswahl 2021 ist längst vergessen. Seitdem hagelte es Niederlagen. Es fing vor gut einem Jahr im Saarland an. Bei der Bundestagswahl ein halbes Jahr zuvor hatte die FDP voll im Bundestrend gelegen. Der Wiedereinzug schien eine Formsache. 4,8 Prozent waren es am Ende. Mit Ach und Krach hangelte sich die Partei zwar in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen anschließend in die Landtage, doch die Regierungsbeteiligung war futsch. Und in Niedersachsen kam es im vergangenen Herbst zu einem Desaster. 

Gewählt wird in diesem Jahr noch in Bremen, Hessen und Bayern. In Bremen steht die Partei vor dem Scheitern, in Bayern ist das nicht unwahrscheinlich. Und die derzeit vorhergesagten sechs Prozent in Hessen könnten ziemlich trügerisch sein. 

Eine Partei in der Sinnkrise

In den Tagen nach der Berlin-Wahl präsentierten sich führende Liberale wie trotzige Kinder. Man habe sich aus staatsmännischer Verantwortung für die Ampel entschieden und der Dank bleibe nun aus, suggerierten führende Liberale wie Parteichef und Finanzminister Christian Lindner. „Mögen andere über Verbote, Fesseln, Steuererhöhungen und neue Schulden denken – wir sorgen dafür, dass das Land in der politischen Mitte verbleibt“, teilte Lindner auffallend nichtssagend mit und fügte hinzu: „Eine Politik gegen das Auto ist ganz offensichtlich nicht im Interesse der Menschen.“ 

In Berlin wurde eine verkehrsberuhigte Straße von 500 Metern zu dem Aufregerthema vor der Wahl. Profitiert hat die CDU davon. „Wir haben auf den letzten Metern taktische Stimmen an die Union verloren“, haderte Lindner. Doch früher war genau das die Stärke der FDP. Sie wurde auf Bundes- und Landesebene gerne als Korrektiv, als Machtfaktor gewählt.Seit sie in Berlin innerhalb der Ampel ihre Rolle sucht, weiß wohl niemand mehr, wofür sie steht. 

Bürgerliche Wähler entscheiden sich dann lieber gleich für die CDU, und die Schwarzen haben ihren Frieden längst mit den Grünen gemacht. „Die FDP war einmal ein verlässlicher Partner für uns. Aber in der gegenwärtigen Verfassung sehe ich es nicht. Ich will ausdrücklich sagen, ich bedauere das, ich hätte es mir anders gewünscht“, kommentierte CDU-Chef Friedrich Merz. Er hat gut reden. Die SPD schwächelt, die Grünen stagnieren und seine Partei agiert plötzlich aus der Position der Stärke. 

Von „Denkzettel“ ist die Rede

Die sechs, sieben Prozent, für die die FDP noch gut ist, reichen fast nirgendwo für eine Regierungsbeteiligung. Und Aufregerthemen, welche die Partei in die Öffentlichkeit bringen könnten, sind nicht in Sicht. 

Gewählt wurde sie 2021 vorwiegend aufgrund ihres Corona-Kurses, doch seit sie an der Regierung beteiligt ist, kritisiert außer Kubicki niemand mehr Hardliner wie den SPD-Minister Karl Lauterbach. Kubicki möchte eine konsequente Aufarbeitung und nervt damit eher die eigenen Parteifreunde. 

Merkwürdig still ist es auch in den Ländern und beim Parteinachwuchs. Der tritt eigentlich nur in Erscheinung, wenn es um Mahnwachen zum Ukrainekrieg oder die Beteiligung an Homosexuellen-Paraden geht. Doch diese Positionen vertreten die Grünen glaubwürdiger. 

Nach der Wahl hat Lindner das Thema Einwanderung für sich entdeckt. „Es gibt eine ganz klare Erwartung, irreguläre Migration nach Deutschland zu unterbinden“, sagte der Bundesfinanzminister. Glaubwürdig klingt das nicht. „Für einen bürgerlichen Parteistrategen, der in Berlin lebt, ein bisschen spät, oder?“, höhnte die bürgerliche „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ umgehend. 

Ende des Jahres wird ein neuer Vorstand gewählt. Parteichef Lindner hat 92 Prozent zu verteidigen. Innerhalb der Partei mehren sich die Stimmen, die von einem bevorstehenden Denkzettel sprechen.