29.04.2024

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Folge 08-23 vom 24. Februar 2023 / Bräuche in Ostpreussen / Kinderspiele gegen die Langeweile / Die Landbevölkerung zeigte großen Einfallsreichtum dabei, ihrem Nachwuchs Wissen und Konzentration anzutrainieren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-23 vom 24. Februar 2023

Bräuche in Ostpreussen
Kinderspiele gegen die Langeweile
Die Landbevölkerung zeigte großen Einfallsreichtum dabei, ihrem Nachwuchs Wissen und Konzentration anzutrainieren

In ihrer Freizeit kamen Lorbasse und Marjellchen zusammen, um die beliebten Spiele unter der Leitung eines Spielleiters auszutragen. Die Kinder trugen alle Spitznamen, die oft besser zu ihnen zu passen schienen als ihre eigenen. Im Folgenden zwei Beispiele aus dem Arbeitsbrief „Lorbaß und Marjelchen“ der Landsmannschaft Ostpreußen:

Latschen gegen Köpfchen 

Die Kinder sitzen im Kreis. Konopka (der Spielleiter) übergibt Dubbas (dem Frechsten) einen Latschen, dem rechts danebensitzenden Lorbass stellt er eine Aufgabe: „Nenne mir sechs ostpreußische Flüsse.“ Während der Lorbass im Stehen sechs Flüsse zusammenstottert, gibt Dubbas den Latschen nach rechts weiter. Jeder reicht ihn rasch seinem Nebenmann. Jetzt kommt es darauf an, wer zuerst fertig ist: Lorbaß mit seinen sechs Flüssen oder der herumgehetzte Latschen. Siegt der Latschen, so muss Konopka einem anderen Spieler sechs andere Begriffe aufgeben, hat Lorbass nicht zur rechten Zeit die sechs Flüsse genannt, muss er in den Kreis und eine Aufgabe stellen. Beispiele: sechs Bahnstationen zwischen Berlin und Königsberg, sechs ostpreußische Leib­gerichte, sechs große Ostpreußen ... Die Zahl der Begriffe richtet sich nach der Anzahl der Mitspieler. 

Ein Spiel, das viel Aufmerksamkeit und Taktgefühl erfordert, ist das folgende, bei dem die Stühle der einzelnen Mitspieler Nummern erhalten.

Pluck (der immer zu spät kommt)

Der letzte Stuhl heißt „Pluck“. Jeder muss sich seine Stuhlnummer merken. Zunächst lässt Konopka alle den Takt üben: Schlag mit beiden Händen auf die Knie, in die Hände klatschen, rechte Faust mit dem Rücken nach vorn zeigen, linke Faust zeigen. Nachdem das geübt ist, müssen alle bei der rechten Faust (Takt 3) ihre Stuhlnummer sagen, bei der linken Faust „Pluck“. Das sind die Vorübungen. 

Jetzt geht es los: Alle machen die Handbewegungen, doch sagt nur Labommel (der Längste), der auf Stuhl Nummer 1 sitzt, in Takt 3 seine Nummer „eins“ und auf Takt 4 „zwölf“! Das Händespiel geht weiter, nur muss auf Takt 3 Lusche (der etwas Bequeme), der die Stuhlnum­mer 12 hat, sagen „zwölf“ und auf Takt 4 irgendeine andere Nummer. Die nimmt er wieder auf und gibt sie weiter, solange bis irgendwer einen Fehler macht, Brummer (der Meckerer) zum Beispiel auf 8. Er wird jetzt Pluck, muss sich auf Plucks Stuhl setzen und alle anderen bis zu Stuhl 8 herunter müssen einen Stuhl nach rechts weiterrutschen. Von ihnen hat nun jeder eine neue Stuhlnummer, die niedriger ist als die frühere. Jetzt fängt Labommel, Nummer 1, wieder an, erst seine eigene, dann eine andere Nummer zu sagen, bis wieder einer einen Fehler macht, Pluck wird, und die anderen einen Stuhl weiterrutschen lässt. Auch Nummer 1 kann angespielt wer­den, macht er einen Fehler, muss die ganze Gesellschaft rutschen, Zum Schluss wird der Oberpluck ausgespielt.LO