05.05.2024

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Folge 09-23 vom 03. März 2023 / Diözese Königsberg / Ein Pionier der Orthodoxie im Königsberger Gebiet / Wie der russisch-orthodoxe Priester Anatolij Kolosow zum Retter deutscher Kirchen wurde

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-23 vom 03. März 2023

Diözese Königsberg
Ein Pionier der Orthodoxie im Königsberger Gebiet
Wie der russisch-orthodoxe Priester Anatolij Kolosow zum Retter deutscher Kirchen wurde
Bodo Bost

Der Arzt und Priester Anatolij Kolosow feierte 1985 den ersten orthodoxen Gottesdienst im bis dahin religionslosen russisch verwalteten Teil Ostpreußens. Zum Glauben gefunden hatte er mit seinen Eltern in der Grenzstadt Kibarten (Kybartai) im katholischen Litauen, wo es schon vorher orthodoxe Gotteshäuser gab.

Als Archimandrit Sophronij war Kolosow der erste orthodoxe Priester im Königsberger Gebiet. Der damalige Bischof der Diözese Smolensk und Administrator der Diözese Königsberg, der heutige Patriarch der Russisch-Orthodoxen Kirche (ROK), hatte ihn am 30. Juni 1985 zum Priester geweiht. Behilflich dabei war ihm Olga Krupina, die Leiterin des Immanuel-Kant-Museums an der Staatlichen Universität Königsberg. Wegen ihres Enthusiasmus für Kant hatten die Studenten ihr den Spitznamen „Kants Witwe“ gegeben. 40 Jahre lang war das Königsberger Gebiet offiziell ein religionsloses Gebiet, was nicht hieß, dass nicht geheim auch christliche Gottesdienste, Taufen oder Beerdigungen gefeiert wurden. Diese wurden jedoch von Laien gefeiert, oft älteren Frauen, die nur ein beschränktes religiöses Wissen hatten. Die erste Gruppe von orthodoxen Gläubigen in Königsberg, für die Kolosow einen Gottesdienst feierte, waren Studenten und Anhänger des theosophischen russischen Malers baltendeutscher Herkunft Nikolaj Roerich (1874–1947), baltendeutscher Herkunft, der posthum, wie Lew Tolstoj, von der ROK exkommuniziert wurde.

Als Priester in Juditten

Am 13. September 1985 wurden der Orthodoxie und ihrem Priester Kolosow das verfallene Gebäude der Judittenkirche bei Königsberg für die Umwandlung in die orthodoxe St. Nikolauskirche zur Verfügung gestellt. Die Judittenkirche war die älteste noch erhaltene Kirche Ostpreußens. Kolosow erwies sich bei der Restaurierung von Kirchen als geschickter Bauherr. Am 20. April 1991 kam er als Pfarrer nach Pillau [Baltijsk] von einer Zwischenstation aus Smolensk, um die vierte Kirche in seinem Leben zu renovieren.

In Pillau, wo im Sommer 1990 eine Gruppe von Gläubigen von der Stadtverwaltung ein Gebäude für orthodoxe Gottesdienste gefordert hatte, wurde das Kommando der Baltischen Flotte aufgefordert, das Gebäude der 1866 erbauten evangelischen Kirche als Gottesdienstraum zur Verfügung zu stellen. Die St.-Georgs-Kathedrale der Marine in Pillau befand sich im Hauptstützpunkt der Baltischen Flotte. Der heilige Georg (der Siegreiche) gilt als Schutzpatron der Baltischen Flotte. Im Jahr 2002 wurde ein Admiral der russischen Marine, Fjodor Uschakow, heiliggesprochen, von dem ein Reliquienteil in die St.-Georgs-Marinekathedrale überführt wurde. 

Litauen als Sprungbrett der Orthodoxie

Kolosow wurde am 21. März 1956 in Königsberg geboren und schloss 1973 die Schule Nr. 3 ab. Er wurde stark von seiner Großmutter mütterlicherseits, Tatiana Cherepenina, beeinflusst, die eine strenggläubige Christin war. 1976 schloss Kolosow sein Medizinstudium mit Auszeichnung ab und begann im Rettungsdienst zu arbeiten, im selben Jahr wurde er zur Armee eingezogen. Er diente in Tilsit und wurde dann nach Gumbinnen versetzt. Dort war er zwei Jahre lang Sanitäter in der Armee. Nach der Armee wurde er Sanitäter am 3. städtischen Krankenhaus in Königsberg. Im Januar 1981 ging Kolosow wieder nach Litauen, wo er neben seiner Arbeit im Rettungsdienst seinen Dienst in der orthodoxen Kirche St. Peter und Paul in Wilna der Litauischen Orthodoxen Eparchie begann. 

Im April 1993 erhielt Anatoli Kolosov die Tonsur als Mönch mit dem Namen Sophronius und wurde zum Hegumen ernannt. Vom 27. bis 29. Juni 2006 war er der Organisator des 4. gesamtrussischen Kleruskongresses, der in der Oblast Königsberg stattfand. Ziel des Kongresses war es die Zusammenarbeit zwischen der ROK sowie der Armee und der Marine zu verbessern. Archimandrit Sophronius ist als Pionier und dienstältester orthodoxer Priester vorwiegend in Pillau im Einsatz.