05.05.2024

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Folge 10-23 vom 10. März 2023 / Politik / Die eigentliche Erkenntnis der Meseberger Klausur / Statt Einigkeit in wichtigen Sachfragen demonstriert das Bundeskabinett einmal mehr, dass die Regierungspartner kaum zueinander passen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-23 vom 10. März 2023

Politik
Die eigentliche Erkenntnis der Meseberger Klausur
Statt Einigkeit in wichtigen Sachfragen demonstriert das Bundeskabinett einmal mehr, dass die Regierungspartner kaum zueinander passen
René Nehring

Kabinettsklausuren haben in der modernen Mediendemokratie  zwei Funktionen: Zum einen dienen sie der Inszenierung von Einigkeit der Koalitionspartner und damit der Handlungsfähigkeit der Regierung. Zum anderen sollen die Beratungen hinter den Kulissen tatsächlich Raum bieten zur Suche nach Lösungen für anstehende Probleme. 

Insofern ist es bezeichnend, dass die Protagonisten der Ampelkoalition im Anschluss an ihre Kabinettsklausur zu Wochenbeginn weder das eine noch das andere zu bieten hatten. Die veröffentlichten Bilder zeigen allenfalls bemühte Geschäftigkeit, die Einigung in grundlegenden Fragen wurde offenkundig so weit verfehlt, dass sich die Koalitionspartner noch nicht einmal bemühten, diese irgendwie darzustellen. Mit Worten wie „informativ, instruktiv und konstruktiv“ umschrieb Bundeskanzler Scholz das große Nichts bei den Ergebnissen. Dass er sich dennoch für die Zukunft seines Kabinetts „zuversichtlich“ gab, stimmt da eher bedenklich als eben zuversichtlich. 

Tatsächlich wird die Liste der Streitpunkte, bei denen die Regierungspartner weit auseinanderliegen, Woche für Woche länger. Vornean die Projekte rund um die Energiewende. Neben dem geplanten EU-weiten Aus für Verbrennermotoren sorgte vor allem das von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) geplante Verbot des Einbaus neuer Gas- und Ölheizungen schon ab dem kommenden Jahr für Zündstoff unter den Koalitionären. Weitere Streitthemen waren unter anderem die Pläne der FDP für eine Aktienrente als weitere Säule der Altersvorsorge sowie die Neuordnung der familienpolitischen Leistungen, allen voran die Einführung der Kindergrundsicherung. 

Grundsätzlich einig waren sich die Koalitionsspitzen lediglich darin, dass die deutschen Streitkräfte künftig besser ausgestattet werden sollen. Doch schon bei der Frage, wie die dafür benötigten finanziellen Mittel aufgebracht werden können, war die Einigkeit vorbei. 

Warten auf den Kanzler 

Alles in allem wurde einmal mehr auffällig, dass sich in dieser Regierung Akteure zusammengefunden haben, die kaum zueinander passen. Der FDP scheint allmählich zu dämmern, dass ihrem grünen Koalitionspartner nicht nur eine etwas forsche Modernisierung unserer Gesellschaft vorschwebt, sondern deren radikaler Umbau. Mögen die Liberalen zuvor vielleicht geglaubt haben, zusammen mit Grünen und Sozialdemokraten hier und dort ein paar aus ihrer Sicht überholte Strukturen aufzubrechen, wird ihnen zunehmend klar, dass insbesondere Wirtschaftsminister Habeck daran arbeitet, die soziale Marktwirtschaft durch eine ökologische Planwirtschaft zu ersetzen. 

Nach Einschätzung der meisten Kommentatoren kommt es Kanzler Scholz durchaus gelegen, dass sich seine beiden Koalitionspartner regelmäßig gegenseitig beharken, rücken er und seine Genossen damit doch automatisch in die Rolle einer neutralen Schiedsinstanz, die scheinbar für sich beanspruchen kann, die Mitte der Gesellschaft zu repräsentieren.

Doch kann dies wirklich der Anspruch eines Bundeskanzlers sein? Und sollen sich die Bundesbürger damit abfinden, dass ihr Regierungschef zusieht, wie die Flügel seines Dreierbündnisses aufeinander einschlagen? Laut Artikel 65 des Grundgesetzes bestimmt der Bundeskanzler die Richtlinien der Politik und trägt dafür auch die Verantwortung. Insofern ist jeder Konflikt des Kabinetts ein Problem von Olaf Scholz. Dies gilt gerade für die ungelösten Konflikte, die Erfolge haben ohnehin viele Mütter und Väter. 

Noch schützen der Ukrainekrieg und die damit verbundene Aufmerksamkeit den Kanzler vor allzu kritischen Nachfragen in Sachen Innenpolitik. Doch da die meisten Streitthemen der Regierungspartner die Bundesbürger dort berühren, wo sie am empfindlichsten sind – nämlich bei ihrem Geld – wird sich Scholz nicht mehr lange vor seiner Führungsverantwortung drücken können. Sonst droht das vorzeitige Aus seiner Koalition.