05.05.2024

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Folge 10-23 vom 10. März 2023 / Justiz / Chefanklägerin fordert Sozialrabatt bei Strafen / Berlin: Tagessatz soll von 15 auf fünf Euro fallen – Richter verärgert, linke Senatorin begeistert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-23 vom 10. März 2023

Justiz
Chefanklägerin fordert Sozialrabatt bei Strafen
Berlin: Tagessatz soll von 15 auf fünf Euro fallen – Richter verärgert, linke Senatorin begeistert
Frank Bücker

Die Berliner Generalstaatsanwältin Margarete Koppers hat eine sogenannte Generalienverfügung erlassen, in der sie empfiehlt, für „arme“ Straffällige die zu verhängenden Geldstrafen herabzusetzen. Der niedrigste Tagessatz bei einer Geldstrafe liegt zurzeit bei 15 Euro – Koppers will ihn auf fünf Euro absenken: „Ich möchte auf diesem Weg bei den Richterinnen und Richtern dafür werben, sich dieser Haltung anzuschließen.“ Bei „gänzlich vermögenslosen“ Arbeitslosen sollen die Ankläger demnach nur noch fünf Euro Geldstrafe pro Tag fordern. Also nur noch ein Drittel der bisherigen Summe.

Die von der Linkspartei gestellte Justizsenatorin Lena Kreck begrüßt die Initiative: „Ich stehe politisch klar hinter der Verfügung, die Tagessatzhöhe für Menschen mit geringem Einkommen abzusenken.“ Gleichzeitig bestreitet sie aber hier einen politischen Einfluss: „Am Ende entscheiden das die Gerichte.“ Koppers kommt mit ihrer Verfügung einer Forderung der Sozialverbände nach. Die Caritas beispielsweise strebt seit Jahren an, dass die Geldstrafe bei mittellosen Menschen sogar nur drei Euro pro Tag betrage. 

Häufig betrifft es das, was Koppers und Kreck als Bagatellvergehen bezeichnen. Ladendiebe und Schwarzfahrer sitzen häufig sogenannte Ersatzfreiheitsstrafen ab. Allein in Berlin verbüßen pro Jahr mehr als 500 Menschen Ersatzfreiheitsstrafen, weil sie ihre Geldstrafe nicht bezahlen können. In der Regel muss man dreimal ohne Fahrschein erwischt worden sein, um ein Verfahren wegen Leistungserschleichung zu bekommen. Justizsenatorin Kreck hatte sich in der Vergangenheit dafür ausgesprochen, Schwarzfahren nicht mehr als Straftat zu ahnden. 

„Eldorado von Diebesbanden“

Koppers Vorstoß folgt dem Kurs des Koalitionsvertrags der Ampelregierung auf Bundesebene. Dort lesen wir, man wolle sich „für weitere Schritte zur Entkriminalisierung des Fahrens ohne Fahrschein und des Containerns“ einsetzen. Indes: Wenn Diebstahl in Berlin weniger hart bestraft wird als in anderen Bundesländern oder gar nicht mehr, wird das möglicherweise noch mehr als bisher die Organisierte Kriminalität nach Berlin locken – organisierte Banden von Ladendieben beispielsweise. Der Vorsitzendes des Berliner Richterbundes, Stefan Schifferdecker, zeigt sich „überrascht“. Andere Richter, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen wollen, sind sogar verärgert. Sie sehen ihre Unabhängigkeit in Gefahr. 

Sogenannte Klima-Aktivisten könnten dagegen profitieren. Alexander Herrmann, rechtspolitischer Sprecher der CDU im Abgeordnetenhaus, sieht ein „fatales Signal“ und beklagt eine schwindende Präventionswirkung von Sanktionen. Sein Kollege Marc Vallendar von der AfD-Fraktion fordert: „Keine Sozialtarife für Berliner Straftäter.“ Wenn diese in Berlin „billiger davonkämen als im Rest des Landes“, werde die Hauptstadt „zum Eldorado von Diebesbanden und anderen unerwünschten Subjekten“. Koppers und Kreck argumentieren damit, dass ein Hafttag die Berliner Landeskasse 226 Euro koste.