08.05.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 11-23 vom 17. März 2023 / Leitartikel / Das neue Statussymbol

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-23 vom 17. März 2023

Leitartikel
Das neue Statussymbol
Friedrich-Wilhelm Freiherr von Seydlitz-Kurzbach / Heinrich Prinz von Hannover

Das Vorhaben der EU, ab 2035 keine Verbrenner-Motoren mehr zuzulassen, sollte uns die folgenden Überlegungen dringlich vor Augen führen. Eine Umstellung auf batteriebetriebene Elektroautos nimmt nicht nur in Deutschland weiter an Fahrt auf. Die international steigende Nachfrage nach Lithium und Kobalt, die wichtigsten Rohstoffe einer Batterie, führt sehr bald zu Versorgungsengpässen mit diesen Seltenen Erden, die vornehmlich in Chile, China und dem Kongo abgebaut werden. Im Jahr 2030 übersteigt der Bedarf an Lithium und Kobalt die Produktion wahrscheinlich bei Weitem. Nach Einschätzung des Verkehrsministeriums gäbe es noch viele Unbekannte, und die Zusammensetzung der Batterien könne sich noch bis zum Jahr 2030 ändern.

Eine leistungsstarke Batterie für Elektrofahrzeuge kann 100 Kilowattstunden (KWh) speichern. Bedenkt man, dass der durchschnittliche Stromverbrauch eines Einpersonenhaushalts in Deutschland bei ungefähr vier KWh pro Tag liegt, dann wird das Problem der individuellen Stromversorgung schnell deutlich.

Fehlende Infrastruktur

Sie möchten eine Elektroauto-Batterie aufladen. Diese sollte aber vor Ladebeginn noch mindestens 20 Prozent Energie gespeichert haben, weil sonst die Batterie allmählich eine immer kürzere Lebensdauer aufweisen wird, so, wie wir es über die Akkus unserer Mobiltelefone beklagen. Sie beladen die Elektroauto-Batterie auf 80 kWh und Sie besitzen noch keine Schnellladestation, sondern eine normale Steckdose, die nur 3,68 Kilowatt (KW) leistet. Dabei benötigt die Ladezeit Ihrer Elektroauto-Batterie 21,7 Stunden. Für den praktischen Betrieb ist das gänzlich unrealistisch. Deshalb erwerben Sie eine Schnellladestation, auch Wallbox genannt, für etwa 1000 Euro. Theoretisch bekommen Sie dadurch die Möglichkeit, aus der eigenen Steckdose 22 KWh zu ziehen. Dazu benötigen Sie aber eine behördliche Netzverträglichkeitsprüfung für eine Genehmigung, die kaum noch erteilt wird. Somit erhalten Sie aus Ihrer Schnellladestation nur elf KWh. Dabei stellen Sie fest, dass Ihre Stromkosten in die Höhe schießen und die Ladezeit für Ihre Elektroauto-Batterie immer noch knapp acht Stunden dauert.

Sie haben auf dem Dach ihres Einfamilienhauses eine Photovoltaik-Anlage für etwa 12.000 Euro montieren lassen. Gleichzeitig investierten Sie um die 10.000 Euro in einen Zehn-KWh-Stromspeicher, der ein Zehntel der Ladekapazität ihrer Autobatterie aufladen kann. Sie speisen zirka 60 Prozent Ihres Solarstroms in das öffentliche Netz ein und erhalten über Ihren Netzanbieter eine Einspeisevergütung von zirka sieben bis acht Cent pro KWh. Somit beläuft sich die Amortisationszeit Ihrer Photovoltaikanlage auf zirka zehn bis zwölf Jahre.

Sie kommen am späten Nachmittag nach Hause und möchten die Autobatterie von der Solaranlage beladen lassen. Die Solaranlage liefert aber nur viel Strom, wenn die Sonne scheint, also im Sommer zur Mittagszeit. Selbst im Sommer sinkt diese Energie am späten Nachmittag auf ein Zehntel und weniger ab. Über Nacht, wenn Sie für das Beladen der Autobatterie Zeit haben, liefert die Solaranlage aber kaum noch Strom. Ab jetzt müsste der Stromspeicher die Ladung übernehmen, doch der kann nur einen Bruchteil von dem liefern, was die Autobatterie benötigt. Sie müssen aus diesem Grund einen größeren Stromspeicher kaufen und der wird dann entsprechend teuer.

Solaranlagen liefern aber nur einen kleinen Anteil der derzeit gewonnenen regenerativen Energie. Der größte Teil kommt von Windkraftanlagen. Die heutigen moderaten Anlagen liefern aber nur Strom, wenn entsprechend Luftbewegung (Wind) vorhanden ist. Doch der Strom kommt nicht aus der Region, in der er benötigt wird, sondern er wird über das allgemeine deutschlandweite Stromnetz zum Verbraucher geführt und stammt zur Hälfte aus Kohlekraftwerken. Und hier kommen wir wieder zum Ausgangspunkt. Unser Stromnetz ist durchschnittlich auf jene vier KWh pro Person und Tag ausgelegt, vielleicht auch für ein Mehrfaches des Durchschnittsverbrauchs. Um es klarzustellen, für einen höheren Stromverbrauch müssen auch die Kupferkabel dicker werden. Das alles funktioniert ohne einen schnellen Ausbau der Stromnetze nicht. Was in den Städten möglich wäre, kann auf dem Land und in den abgelegenen Dörfern kaum realisiert werden. Stärkere Stromkabel zu verlegen, das kostet Geld und Zeit und benötigt sehr viel Kupfer. Auch dieser Rohstoff wird in zirka 30 Jahren aufgrund der internationalen steigenden Nachfrage ein knappes Gut sein.

Überlastung des Stromnetzes

Eine Batterie-Ladesäule kann bis zu 150 KWh liefern. Wir begegnen diesen Ladesäulen an den Tankstellen unserer Bundesautobahnen und an Park- und Rastplätzen. Die zunehmende Zahl an Ladestationen für Elektrofahrzeuge und strombetriebener Wärmepumpen könnte aber das deutsche Stromnetz sehr bald überlasten. Davor warnt die Bundesnetzagentur und stellt dabei fest, dass wenn weiter viele neue Ladestationen und Wärmepumpen installiert werden, dann Überlastungsprobleme und lokale Stromausfälle im Verteilernetz zu befürchten seien. Wenn der angeforderte Strom vom Lieferanten beziehungsweise vom Netzbetreiber nicht geliefert werden kann, dann reagiert dieser mit Lastabwurf. Das heißt, es werden bestimmte Verbraucher vom Netz genommen. Das sind zunächst diejenigen, die viel Strom benötigen. Aufgrund von intelligenten Stromzählern ist es für einen Netzbetreiber möglich, mit den sogenannten Powerline-Kopplern, und zwar durch die Datenüberlieferung der Power-over-IP., gezielt den Strom abzuschalten.

Ein leistungsstarkes Elektroauto ist das neue Statussymbol und hat ein unvergessliches Fahrgefühl. Es beschleunigt ohne Geräusche von null auf 100 Kilometer in der Stunde in gut drei Sekunden und erreicht eine sehr hohe Endgeschwindigkeit. Ein großer Spaßfaktor, der aber nicht über die noch vielen offenen Fragen unserer zukünftigen Elektromobilität hinwegtäuschen sollte.