08.05.2024

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Folge 11-23 vom 17. März 2023 / Venedig / Als der Heilige Markus eine Republik bekam

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-23 vom 17. März 2023

Venedig
Als der Heilige Markus eine Republik bekam
Manuel Ruoff

Die 48er-Revolution war primär eine nationalliberale. Nach Selbstbestimmung des Einzelnen und der Völker, nach Freiheit und Nationalstaat wurde gestrebt. In Italien richtete sich der Nationalismus vor allem gegen die Habsburger, deren Herrschaft über große Teile Norditaliens einschließlich Venedigs von vielen unter Italiens Nationalisten als Fremdherrschaft empfunden wurde. Hoffnungsträger hingegen war vielen von ihnen das Königreich Sardinien, dessen Rolle in und für Italien in mancher Hinsicht der des Königreiches Preußen in und für Deutschland ähnelt. Wie in Deutschland gelangen auch in Italien den 48ern beachtliche Anfangserfolge.

Im seinerzeit österreichischen Venedig begann die 48er-Revolution mit einem Streik der Arbeiter im Arsenal, Schiffswerft, Zeughaus und Flottenbasis der Lagunenstadt. Vor 175 Jahren, am 23. März 1848, wurde eine unabhängige Repubblica di San Marco (Republik des Heiligen Markus) mit Venedig als Zentrum ausgerufen. Als Flagge wurde eine Kombination aus der Trikolore der Einigungsbewegung Italiens und Venedigs Markuslöwen gewählt.

Ebenfalls am 23. März 1848 erklärte Sardinien Österreich den Krieg, den sogenannten ersten italienischen Unabhängigkeitskrieg. Am 4. Juli beschloss Venedig nach einem in der Lombardei und Venetien durchgeführten Plebiszit, sich Sardinien anzuschließen. 

Am 23. März 1849 kam es zur kriegsentscheidenden Schlacht bei Novara. 45.000 Österreicher unter dem Kommando des Feldmarschalls Josef Wenzel Radetzky von Radetz siegten über 57.000 Sarden unter dem Befehl des polnischen Generals Wojciech Chrzanowski. Noch am selben Abend dankte der sardische König Karl Albert zugunsten seines Sohnes Viktor Emanuel (II.) ab. Er ging nach Portugal ins Exil. Am 26. März einigten sich der neue sardische und spätere italienische König sowie der Namensgeber von Johann Strauss’ Radetzkymarsch in Vignale auf das Schweigen der Waffen und den territorialen Status quo ante bellum. Die Sarden mussten sich somit aus dem österreichischen Königreich Lombardo-Venetien zurückziehen. 

Ungestört von Interventionen anderer Mächte konnte sich das Militär des Kaisertums nun der Bekämpfung des inneren Gegners und der Wiederherstellung der alten Ordnung in Lombardo-Venetien widmen. Einen am Tage der sardischen Niederlage bei Novara begonnenen Aufstand in der lombardischen Stadt Brescia hatte es nach zehn Tagen niedergeschlagen. 

Nun kam Venedig dran. Ab dem 4. Mai belagerten die Österreicher das venezianische Fort Marghera auf dem Festlandteil der Stadt und eroberten es am 26. Mai. Am 29. Juli begann die Belagerung der Stadt. Geschwächt durch Hunger und Cholera ergaben sich die Belagerten am 22. August 1849. Das war das Ende der Republik.