09.05.2024

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Folge 11-23 vom 17. März 2023 / Terror / War es gar nicht Anis Amri? / Noch überschatten Ungereimtheiten die Aufarbeitung des Anschlags auf den Berliner Weihnachtsmarkt von 2016

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-23 vom 17. März 2023

Terror
War es gar nicht Anis Amri?
Noch überschatten Ungereimtheiten die Aufarbeitung des Anschlags auf den Berliner Weihnachtsmarkt von 2016
Wolfgang Kaufmann

Der Terroranschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche am 19. Dezember 2016 wurde bislang nur unzureichend aufgeklärt. Letztlich bestehen sogar Zweifel an der Täterschaft des angeblich einzig Verantwortlichen für die Tötung von 13 Menschen. Denn der Tunesier Anis Amri, der den Sattelzug gesteuert haben soll, starb vier Tage später bei Mailand im Kugelhagel italienischer Polizisten und konnte somit nie aussagen. 

Vor diesem Hintergrund ist es von einiger Bedeutung, dass jetzt ein Prozess vor dem Berliner Kammergericht stattfindet, in dem zwei frühere Vertraute von Amri angeklagt sind. Dabei handelt es sich um Semsettin E. und Jagar S. H., über deren aktuelle Staatsbürgerschaft keine Informationen vorliegen. Den beiden wird die „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland“ zur Last gelegt, womit der Islamische Staat gemeint ist. Jagar S. H. soll seine Ausweispapiere an seinen älteren Bruder Husan weitergegeben haben, um diesem zu ermöglichen, nach Syrien auszureisen. Und der Vorwurf gegen Semsettin E. lautet auf Beihilfe zu dem Vorhaben.

„Sei nicht daran beteiligt“

Die zwei Angeklagten kannten Anis Amri aus der Fussilet-Moschee in Berlin-Moabit, die seit 2015 als Salafisten-Treff galt. Von hier aus wurde früher die syrische Dschihadisten-Miliz Dschunud asch-Scham finanziell und organisatorisch unterstützt. Außerdem gehen die Ermittler davon aus, dass in der Moschee auch die Planung des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt erfolgte. 

Amri soll sich zudem unmittelbar vor dem Terrorakt in dem Gebäude aufgehalten haben. Bemerkenswert dabei ist, dass das Gerücht kursiert, der mutmaßliche Attentäter habe nach dem Anschlag zu Semsettin E. gesagt, er sei nicht daran beteiligt gewesen und werde zu Unrecht beschuldigt. Ein im Führerhaus des Tat-Lkw gefundenes Dokument der Ausländerbehörde mit seinem Namen habe er Monate zuvor bei der Polizei abgegeben.

Dass E. und S. H., die im Dezember 2019 angeklagt wurden und beide nicht in Untersuchungshaft sitzen, erst jetzt vor Gericht stehen, soll eine Folge der Corona-Pandemie sein. Auf jeden Fall liegt der Anschlag nun nicht mehr im Fokus der Öffentlichkeit, nachdem mehrere Untersuchungsausschüsse dazu ihre Tätigkeit eingestellt haben. 

Auffälliges Desinteresse der Justiz

Deshalb kamen zur Prozesseröffnung im Sicherheitssaal des Kammergerichts und in Anwesenheit des Leiters der Staatsschutzabteilung 231 der Generalstaatsanwaltschaft Berlin, Oberstaatsanwalt Thorsten Neudeck, lediglich drei Journalisten. Nun stellt sich die Frage, ob der Prozess auch Klarheit darüber bringt, was genau Amri zu Semsettin E. gesagt haben könnte. Denn bislang schienen die deutschen Behörden diesbezüglich mehr als desinteressiert. 

So wurde E. zwar im April 2020 vom Bundeskriminalamt zur Zeugenvernehmung vorgeladen, blieb dieser aber fern und ließ über seinen Anwalt verlauten, er verweigere die Aussage. Daraufhin verzichtete die Bundesanwaltschaft auf die Einvernahme von E. und teilte auf Nachfrage mit: „Der Hinweis auf ein Tat-Dementi des Anis Amri konnte durch die Ermittlungen nicht bestätigt werden.“