08.05.2024

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Folge 11-23 vom 17. März 2023 / August von Willich / Kontrahent des „konservativen Marx“ / Von Ostpreußen in die USA: Der Braunsberger Freiheitskämpfer legte einen bewegten Lebensweg zurück

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-23 vom 17. März 2023

August von Willich
Kontrahent des „konservativen Marx“
Von Ostpreußen in die USA: Der Braunsberger Freiheitskämpfer legte einen bewegten Lebensweg zurück
Wolfgang Kaufmann

Manche ostpreußischen Persönlichkeiten sind heute kaum mehr bekannt, obwohl sie ein bemerkenswertes Leben führten. Das gilt unter anderem auch für August von Willich, der am 19. November 1810 in Braunsberg geboren wurde und zunächst eine ganz konventionelle Soldatenlaufbahn einschlug: Auf den Besuch der Potsdamer Kadettenanstalt und der Berliner Militärakademie folgte der Dienst als Artillerie-Leutnant beziehungsweise -Hauptmann im preußischen Heer. Dann begann Willich mit dem Bund der Gerechten zu sympathisieren, der bald unter den Einfluss von Karl Marx und Friedrich Engels geriet und nachfolgend Bund der Kommunisten hieß. Wegen dieser Haltung sollte der junge Offizier nach Hinterpommern strafversetzt werden, dem er sich in einem offenen Brief an König Friedrich Wilhelm IV. widersetzte. Daraufhin wurde Willich 1846 vor ein Kriegsgericht gestellt und entlassen. Danach legte er seinen Adelstitel ab und erlernte das Zimmermannshandwerk.

Von Ostpreußen nach Berlin

Zwei Jahre später kam es zum Aufstand im Großherzogtum Baden, dessen Ziel es war, die Monarchie zu stürzen. In dieser Situation übernahm Willich die militärische Führung des Heckerzuges, einer Freischar von radikalen Republikanern, die schließlich am 20. April 1848 den Truppen des Deutschen Bundes unterlag. Aufgrund dessen ging er ins Exil, um aber schon 1849 zurückzukehren und an neuerlichen revolutionären Militäraktionen teilzunehmen. Dabei fungierte Friedrich Engels als sein Adjutant.

Im Anschluss an die erneute Niederschlagung der Erhebungen floh Willich nach London, wo er eine wichtige Rolle bei der Spaltung des Bundes der Kommunisten spielte. An der Seite des Arbeiterführers Karl Schapper drängte Willich Marx und Engels im September 1850 aus dem Bund und wandte sich dann dem französischen Revolutionär Emmanuel Barthélemy zu. Gemeinsam mit diesem plante er die Tötung des angeblich zu konservativen Marx bei einem Duell. Doch der Begründer des „Historischen Materialismus“ ließ sich nicht zum Zweikampf provozieren. Stattdessen forderte einer seiner Anhänger namens Konrad Schramm Willich heraus. Bei dem daraus resultierenden Schusswechsel wurde Schramm verletzt, überlebte aber.

1853 wanderte Willich in die USA aus. Dort arbeitete er zunächst als Zimmermann und Landvermesser. Dann war er als Redakteur der deutschsprachigen Arbeiterzeitung „Cincinnati German Republican“ tätig. Diesen Posten gab der Emigrant 1861 auf, als der Amerikanische Bürgerkrieg ausbrach, um als Soldat in das 9. Ohio Regiment der Unionsarmee einzutreten. Dort avancierte Willich schnell zum Adjutanten, Ausbilder und Major. Bald darauf verlieh der republikanische Gouverneur von Indiana, Oliver Morton, dem geschassten preußischen Offizier den Rang eines Obersten und das Kommando über das 32. Indiana Regiment (1st German Regiment), das Willich gemäß den Vorschriften des preußischen Heeres drillte.

Als Kämpfer im Sezessionskrieg

Dieser Kampfverband bewährte sich in den Schlachten von Rowlett’s Station und Shiloh am 17. Dezember 1861 beziehungsweise 6. und 7. April des Folgejahres derart hervorragend, dass Willich anschließend das Kommando über die 6. Brigade der Armee von Ohio erhielt und am 17. Juli 1862 zum Brigadegeneral der Freiwilligenverbände befördert wurde.

In dieser Eigenschaft kämpfte er zum Jahreswechsel 1862/63 in der Schlacht am Stones River. Dabei geriet Willich in Kriegsgefangenschaft und saß bis Mai 1863 im berüchtigten Libby-Gefängnis der Konföderierten in Richmond (Virginia) ein. Nach seinem Austausch folgte die Teilnahme am Tullahoma-Feldzug sowie an der Schlacht von Chickamauga und der Belagerung von Chattanooga. Am 15. Mai 1864 erlitt Willich in der Schlacht von Resaca eine schwere Verwundung am rechten Arm, die ihn felddienstuntauglich machte.

Für den Rest des Sezessionskrieges übernahm er zunächst verschiedene Schreibtischposten in Covington und Newport in Kentucky und fungierte dann als Kommandeur des Distrikts of Cincinnati (Ohio). Dabei erhielt Willich am 21. Oktober 1865 eine Beförderung zum Generalmajor der Freiwilligenverbände. Am 15. Januar 1866 kehrte er ins Zivilleben zurück. 

Anschließend wechselte der vormalige Offizier der siegreichen Unionsarmee in den Staatsdienst und bekleidete eine Reihe von verantwortungsvollen Positionen, darunter die des Wirtschaftsprüfers des Landkreises Hamilton County im Südwesten des Bundesstaates Ohio. 1870 kehrte er jedoch spontan in die alte Heimat zurück, um wegen des Ausbruchs des Deutsch-Französischen Krieges wieder in die preußische Armee einzutreten. Allerdings verzichtete diese aufgrund von Willichs Alter, Gesundheitszustand und politischer Vergangenheit auf seine Dienste. Daraufhin begab sich der gebürtige Ostpreuße nach Amerika zurück, jedoch nicht, ohne zuvor noch einen Universitätsabschluss in Philosophie zu erwerben. Sieben Jahre später, am 22. Januar 1878, starb August Willich in St. Marys (Ohio).