08.05.2024

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Folge 11-23 vom 17. März 2023 / Zum 200. Todestag / Christian Ludwig Mursinna, ein vielseitiger Mediziner / Er sorgte für eine bahnbrechende Operationsmethode bei Grauem Star und hinterließ bedeutende Veröffentlichungen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-23 vom 17. März 2023

Zum 200. Todestag
Christian Ludwig Mursinna, ein vielseitiger Mediziner
Er sorgte für eine bahnbrechende Operationsmethode bei Grauem Star und hinterließ bedeutende Veröffentlichungen
Martin Stolzenau

Christian Ludwig Mursinna stammte aus Hinterpommern, machte zunächst in Breslau und dann in Berlin Karriere als Mediziner und fungierte lange Zeit als Generalchirurg der preußischen Armee. Er stieg zur Leuchte der jungen Charité auf, fungierte als Dekan und sorgte als berühmter Chirurg bei Augenoperationen für einen „Paradigmenwechsel bei der Staroperation“. Zu dem vor 200 Jahren in Berlin gestorbenen Mediziner sind eindrucksvolle Nachrufe überliefert. Außerdem beschäftigen sich Dissertationen und andere Schriften mit seinem Wirken und seiner Bedeutung.

Mursinna wurde am 17. Dezember 1744 in Stolp in Hinterpommern geboren. Der Ort liegt am Fluss Stolpe, entwickelte sich aus einer kaschubischen Siedlung und gehörte ab dem 12. Jahrhundert zum wachsenden Territorialbesitz des Fürstenhauses der Greifen. Heute gehört die Stadt Stolp unter dem polnischen Namen Słupsk zur polnischen Woiwodschaft Westpommern. 

Der offenbar sehr begabte Junge besuchte zuerst die Lateinschule seiner Vaterstadt, wurde dann vom städtischen Magistrat zu einem erfahrenen Bader in die Lehre gegeben und gelangte nach einjähriger Grundausbildung wegen seiner offenkundigen besonderen Befähigung 1758 in die Obhut des Stadtchirurgen von Kolberg. Sein Ausbilder entwickelte ihn zum jungen Hoffnungsträger der örtlichen Mediziner. 

Doch Mursinna gab sich noch lange nicht mit dem Erreichten zufrieden. Er wollte sich alle wesentlichen Kenntnisse der damaligen Medizin erschließen und wechselte deshalb 1761 als Assistent zu Caspar Friedrich Wolff in dessen Lazarett in Breslau. Wolff war schon damals ein berühmter Arzt, der bei Friedrich dem Großen hohes Ansehen genoss und während des Siebenjährigen Krieges in Schlesien einerseits die Verwundeten behandelte und andererseits für die schnelle Ausbildung junger Nachwuchs-Wundärzte sorgte. Mursinna wurde hier voll gefordert, von seinem nunmehrigen Vorbild Wolff nachhaltig geprägt und bald zum Regimentsarzt befördert. Die Kriegsjahre in Schlesien gediehen für den aufstrebenden Mediziner aus Pommern zur unverzichtbaren Praxisschule.

Mit den dabei gewonnenen Erkenntnissen kam Mursinna nach der Übersiedlung in Berlin beruflich rasch voran. Während sein bekannter Lehrer Wolff in Sankt Petersburg als Mediziner die moderne Embryologie begründete und Karriere machte, eroberte sich sein Schüler Mursinna Berlin. Er wurde in das „Collegium medico-chirurgicum“ berufen, zum Professor ernannt, fungierte als Generalchirurg der Armee Preußens und lehrte an der Medizinischen Militärakademie. Dazu kamen die Verpflichtungen als dirigierender Wundarzt, Lehrer und Dekan an der jungen Charité. 

Im Gefolge seiner Praxiserfahrungen und Forschungen schrieb er Fachaufsätze wie am Fließband. Mittendrin ist das „Journal für Chirurgie, Arzneikunde und Geburtshilfe“, das ein Standardwerk wurde und in fünf Bänden überliefert ist. 

Bei alledem widmete sich Mursinna immer stärker der Augenheilkunde, wobei er bei Operationen mit ungewöhnlichen Eingriffen große Heilungserfolge erreichte. Geradezu berühmt wurden international seine Operationen des Grauen Stars, mit denen er den veralteten „Starstich“ ablöste und für eine neue Ära in der Augenheilkunde sorgte. 

Mursinna forschte in der Folge weiter, behandelte, lehrte, veröffentlichte und starb mitten in der Fortsetzung seiner Lehrtätigkeit am 18. März 1823 in Berlin als eine international anerkannte medizinische Koryphäe.