18.05.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 12-23 vom 24. März 2023 / Finanzkrise Die aktuellen Nachrichten von Banken, die durch staatliche Maßnahmen vor der Pleite gerettet werden müssen, erinnern an die Krise von 2008 und lassen Anleger weltweit aufschrecken / Sturm auf die Einlagen / Trotz Joe Bidens Beruhigungsversuchen: Viele Anleger hoben ihr Geld von der Silicon Valley Bank ab

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-23 vom 24. März 2023

Finanzkrise Die aktuellen Nachrichten von Banken, die durch staatliche Maßnahmen vor der Pleite gerettet werden müssen, erinnern an die Krise von 2008 und lassen Anleger weltweit aufschrecken
Sturm auf die Einlagen
Trotz Joe Bidens Beruhigungsversuchen: Viele Anleger hoben ihr Geld von der Silicon Valley Bank ab
Wolfgang Kaufmann

Die aktuellen Nachrichten aus den Vereinigten Staaten gemahnen an den September 2008, als die US-Investmentbank Lehman Brothers Insolvenz anmelden musste, wodurch die globale Finanzkrise eskalierte. Diesmal traf es die Silicon Valley Bank (SVB) mit Sitz im kalifornischen Santa Clara, welche in der Rangliste der größten Banken Amerikas auf Platz 16 stand. Ihr Bilanzvermögen betrug bis vor Kurzem 209 Milliarden US-Dollar, und die Höhe der Einlagen belief sich auf 175,4 Milliarden Dollar. Dann allerdings kam es zu einem fatalen Dominoeffekt.

Die Kundenguthaben bei der Bank waren in der Niedrigzinsphase der letzten Jahre um 86 Prozent gewachsen. Deshalb hatte die SVB viel Geld in Staats- und Hypothekenanleihen mit langer Laufzeit angelegt. Das führte ab März 2022 zu Pro­blemen, als die US-Zentralbank Federal Reserve die Zinsen Stück für Stück anzuheben begann, um die Inflation abzubremsen. Denn dadurch sank der Kurswert der gekauften, niedrig verzinsten Anleihen – oftmals lag der Verfall bei rund 25 Prozent innerhalb der letzten zwölf Monate. Gleichzeitig griffen viele der SVB-Kunden aufgrund der Inflation auf ihr geparktes Geld zu, weshalb die Bank einen Teil ihrer Anleihen in Höhe von 21 Milliarden Dollar veräußern musste, um zahlungsfähig zu bleiben. 

Die dabei erlittenen Bilanzverluste von 1,8 Milliarden Dollar sollten durch eine Kapitalspritze von 2,25 Milliarden ausgeglichen werden, doch letztlich konnte die SVB nur 500 Millionen auftreiben. Deshalb zogen einige Großkunden ihre gesamten Einlagen ab, was am 9. März zu einem klassischen Bankensturm führte. An diesem Tag musste die SVB 42 Milliarden Dollar auszahlen – bei nur 16,3 Milliarden Eigenkapital.

Angesichts dessen reagierte die US-Einlagenversicherungsgesellschaft Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) am 10. März mit zwei drastischen Schritten: Sie schloss die SVB und überführte deren Vermögenswerte in eine neu geschaffene und von ihr kontrollierte Bank, die Deposit Insurance National Bank of Santa Clara (DINB). Dem folgten weitere Maßnahmen, damit die SVB-Kunden ihre Guthaben in voller Höhe zurückerhalten. Parallel dazu versuchte Präsident Joe Biden, Gelassenheit zu verbreiten: „Die Amerikaner können beruhigt sein, das Bankensystem ist sicher. Ihre Einlagen sind sicher.“ Andererseits will die US-Regierung aber keine Schritte unternehmen, um die SVB selbst mit Steuermitteln zu retten und den Aktionären Verluste zu ersparen. Hierzu sagte Bidens Finanzministerin Janet Yellen mit Blick auf die Finanzkrise von 2008, in welcher der Staat viele Banken vor der Insolvenz bewahrte: „Das machen wir nicht noch einmal.“

Keine Rettung wie 2008

Die somit also besiegelte SVB-Pleite spaltet nunmehr die Finanzwelt. Manche Branchenkenner sehen die akute Gefahr eines großen Flächenbrands und meinen, das Schlimmste komme erst noch. Dergestalt lauteten beispielsweise die Prophezeiungen des US-Finanzinvestors Mark Cuban und des Hedgefonds-Managers William Ackman. Dem schlossen sich die Analysten der größten Bank der Vereinigten Staaten, JPMorgan Chase & Co., an: „Vermutlich war das Finanzbeben im Silicon Valley erst der Anfang von … weltweiten Finanzbereinigungen.“ Und das „Wall Street Journal“ nannte inzwischen auch schon einen weiteren Wackelkandidaten: Die Bank of America, immerhin die Nummer Zwei im Lande, habe in letzter Zeit mit den von ihr gehaltenen Anleihen Verluste in Höhe von 109 Milliarden Dollar erlitten, was fast die Hälfte ihres Eigenkapitals ausmache.  

Dem stehen Äußerungen gegenüber, in denen vor Hysterie gewarnt wird. So bezeichnete der Professor für Internationales Bank- und Finanzwesen an der Universität Frankfurt am Main, Reinhard Schmidt, die Vorgänge in den Vereinigten Staaten als „Musterbeispiel für eine unangemessene Panikreaktion der Aktienmärkte“. Und der frühere US-Finanzminister und Chefökonom der Weltbankgruppe Lawrence Summers sprach ebenfalls von „Überreaktionen“. Gleichzeitig wies der leitende Volkswirt des Bankhauses Berenberg, Mickey Levy, darauf hin, dass die finanzielle Dimension des Zusammenbruches der SVB nicht mit 2008 vergleichbar sei. Damals wäre es um durch Hypotheken besicherte Wertpapiere im Wert von insgesamt elf Billionen Dollar gegangen.

Experten warnen vor Hysterie

Für die Bundesrepublik gab zudem der Bundesverband deutscher Banken (BdB), der über 170 private Kreditinstitute hierzulande vertritt, Entwarnung: Die hiesigen Geldhäuser seien „robust, stabil und widerstandsfähig“ und hätten ihr Kernkapital seit 2008 um durchschnittlich 81 Prozent erhöht. Dennoch aber herrscht Nervosität auf dem Markt. Davon zeugte nicht zuletzt der drastische Absturz des Aktienkurses einiger deutscher Banken am 13. März. So fiel die Aktie der Commerzbank an diesem Tag um spektakuläre zwölf Prozent.