18.05.2024

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Folge 12-23 vom 24. März 2023 / Heinz Pose / Spektakuläre Erfolge in der Kernphysik / Der gebürtige Königsberger promovierte bei Gustav Hertz – Er trieb auch die sowjetische Atomforschung voran

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-23 vom 24. März 2023

Heinz Pose
Spektakuläre Erfolge in der Kernphysik
Der gebürtige Königsberger promovierte bei Gustav Hertz – Er trieb auch die sowjetische Atomforschung voran
Wolfgang Kaufmann

Dass es die Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg vermochte, in der Kernforschung mit den USA gleichzuziehen und im August 1949 ihre erste eigene Atombombe zu zünden, war nicht zuletzt die Folge des Wirkens von Heinz Pose.

Der spätere Nuklearexperte wurde am 10. April 1905 in Königsberg geboren, wo er ab 1923 Mathematik, Physik und Chemie studierte. Seine akademische Ausbildung endete 1928 mit einer Promotion bei dem Nobelpreisträger Gustav Hertz. Anschließend arbeitete Pose bis 1934 als Assistent des renommierten Experimentalphysikers Gerhard Hoffmann an der Vereinigten Friedrichs-Universität in Halle. Dabei gelangen ihm ab 1929 mehrere spektakuläre Erfolge auf dem Gebiet der Kernphysik: So wies er beispielsweise zum ersten Mal praktisch nach, dass Atomkerne Energieniveaus besitzen. Hieraus resultierten zahlreiche Veröffentlichungen und dann 1934 auch ein Lehrauftrag für Atomphysik in Halle, in dessen Rahmen er vor allem Vorlesungen über „Atomzertrümmerung“ hielt. Dem folgte 1938 die Ernennung zum außerordentlichen Professor.

Zur Mitarbeit am deutschen Uranprojekt verpflichtet

Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde Pose alsbald zur Mitarbeit an dem deutschen Uranprojekt verpflichtet, das zwei Ziele hatte: Die Möglichkeiten des Baus von Kernwaffen auszuloten und einen Versuchsreaktor in Betrieb zu nehmen. In diesem Zusammenhang war Pose zunächst am Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik in Berlin-Dahlem tätig, wo er 1940 gemeinsam mit Werner Maurer die Neutronenemission der Elemente Thorium und Uran als Folge spontaner Kernspaltungsprozesse messen konnte. 1942 wiederum erfolgte seine Versetzung an die Physikalisch-Technische Reichsanstalt in Berlin beziehungsweise die Chemisch-physikalische- und Atom-Versuchsstelle Gottow des Heereswaffenamtes, das zur Heeresversuchsanstalt Kummersdorf gehörte und von dem Kernphysiker Kurt Diebner geleitet wurde.

Hier beteiligte sich Pose an der streng geheimen Testreihe G-I, deren Zweck darin bestand, effektive Verfahren zur Neutronenvermehrung zu testen, um eine stabile kontrollierte Kettenreaktion in der geplanten „Uranmaschine“ in Gang zu setzen. Dabei packten die Forscher um Pose und dessen Kollegen Ernst Rexer 25 Tonnen Uranoxid, die auf 6800 kleine Würfel verteilt waren, in vier Tonnen Paraffin. Dieses sollte als Moderator dienen und verhindern, dass es in dem Versuchsreaktor zu einer Kernexplosion kam. Allerdings erbrachte die experimentelle Anordnung keine nennenswert höhere Neutronenausbeute – diese trat erst 1943/44 bei den Tests G-III a und b auf, woraufhin sich dann aber im Herbst 1944 ein bis heute nicht genau aufgeklärter Unfall ereignete, bei dem mehrere Forscher verstrahlt wurden.

Zu diesem Zeitpunkt weilte Pose indes schon nicht mehr in Gottow, denn er war im Juni 1944 an das Physikalische Institut der Universität Leipzig gewechselt, um dort an der Entwicklung eines Zyklotrons mitzuwirken. Dieses sollte als Teilchenbeschleuniger zur Isotopentrennung und Auslösung von Kernreaktionen fungieren.

Am 23. April 1945 erreichten Angehörige der US-Geheimdienst-Mission ALSOS-III die hohenzollersche Ortschaft Haigerloch, wo sie das neueste Versuchsmuster eines deutschen Kernreaktors beschlagnahmten. Anschließend internierten die Amerikaner so viele Atomwissenschaftler des Dritten Reiches wie möglich, um deren Wissen abzuschöpfen. Letzteres tat gleichermaßen das NKWD der UdSSR in der sowjetischen Besatzungszone. Dabei verpflichtete es unter anderem auch Pose: Der kam im Februar 1946 mit seiner Familie nach Obninsk südwestlich von Moskau, wo er zum Leiter eines der drei Forschungslabore in der Sowjetunion avancierte, welche die Aufgabe erhielten, innerhalb von fünf Jahren eine „rote“ Atombombe zu entwickeln. Pose übernahm die neue Funktion weitgehend freiwillig, was sich nicht zuletzt darin äußerte, dass er gemeinsam mit dem NKWD-Generalmajor Walentin Krawtschenko sechs Monate lang nach weiteren deutschen Experten auf dem Gebiet der Kernphysik und passenden Laboreinrichtungen suchte. Dabei wurde dann im Labor W in Obninsk aber nicht nur Zuarbeit für das Atombombenprojekt geleistet, sondern auch die Grundlage für den Bau des ersten wirtschaftlich genutzten Kernkraftwerkes der Welt geschaffen, das am 1. Juni 1954 in Betrieb ging.

Forschungsarbeit in Obninsk und Dubna

1956 wechselte Pose an das heute noch bestehende Vereinigte Institut für Kernforschung in Dubna nördlich von Moskau, wo er bis 1959 forschte. Parallel hierzu bekleidete er ab 1957 eine Professur für Sondergebiete der Kernphysik an der Technischen Universität Dresden, die dann schließlich zu seiner alleinigen Wirkungsstätte wurde, nachdem es im Jahr zuvor zu vergeblichen Abwerbeversuchen des US-Geheimdienstes CIA gekommen war. Von 1959 bis zur Emeritierung im Jahre 1970 hatte Pose den Lehrstuhl für Neutronenphysik der Reaktoren beziehungsweise Experimentelle Kernphysik inne. In dieser Zeit nutzte er auch den im Dezember 1957 in Betrieb genommenen Versuchsreaktor des Zentralinstituts für Kernforschung in Rossendorf bei Dresden. Der gebürtige Ostpreuße Heinz Pose starb am 13. November 1975 in der sächsischen Elbestadt.