18.05.2024

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Folge 12-23 vom 24. März 2023 / Sarah Bernhardt / Tod einer Göttlichen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-23 vom 24. März 2023

Sarah Bernhardt
Tod einer Göttlichen

Sie gilt als eine der ersten Bühnenstars der Geschichte: Sarah Bernhardt. Die vor 100 Jahren gestorbene französische Schauspielerin wurde vom Publikum wegen ihres Temperaments, der Anmut ihrer Bewegungen sowie ihrer „schönen Stimme“ beinahe abgöttisch verehrt. Und zwar auf eine Weise, dass Blumenzüchter eine Pfingstrose nach ihr benannten und Jules Verne sie im Roman „Der Findling“ in der Figur der Aktrice Anna Walston verewigte.

Bernhardt wurde am 22. Oktober 1844 in Paris geboren. Um ihre Herkunft ranken sich viele Geschichten. Ihre Mutter war eine Jüdin aus den Niederlanden, die in Paris als schöne und teure Kurtisane auftrat. Der Name ihres prominenten Vaters liegt bis heute im Dunkeln. Das heranwachsende Mädchen wurde wegen seiner künstlerischen Begabung vom Duc de Morny, dem Halbruder Napoleons III., der für eine längere Zeit als maßgeblicher Liebhaber ihrer Mutter überliefert ist, zur Bühnenausbildung an das Nationaltheater Comédie Française in Paris vermittelt. Mit 18 Jahren hatte sie ihr Bühnendebüt mit der Titelrolle in „Iphigenie“ von Jean Racine.

Im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 pflegte sie in Lazaretten Verwundete. Anschließend wurde sie durch Gastspiele in Europa und den USA zur berühmtesten Darstellerin ihrer Zeit. Nur um Deutschland machte die kämpferische Nationalistin immer einen großen Bogen.

1882 ließ sie sich von dem Botschaftsattaché Jacques Damala blenden, heiratete ihn, richtete ihm ein eigenes Theater ein und musste dann erleben, dass er ein Spieler und morphinsüchtig war, was zum Ruin des Theaters und zur Trennung führte. Das zwang die Künstlerin auf eine umfangreiche Europa- und Welttournee, um die Verluste wieder einzuspielen.

In der Folge fiel Bernhardt durch eine exzentrische Lebensführung auf. Mit ihren Memoiren regte sie Marcel Proust zu dessen berühmten Roman „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ an, der Bezüge zu Bernhardt aufweist. Sie brillierte zudem in den ersten Stummfilmen, bekam als Frau eine Professur am Pariser Konservatorium und wurde Mitglied der französischen Ehrenlegion. 

Später erlebte die couragierte Frau neue Schicksalsschläge. Nach einem Bühnenunfall in Rio de Janeiro wurde ihr rechtes Bein unterhalb der Hüfte amputiert. Sie arbeitete mit einer Beinprothese weiter, verdrängte die damit verbundenen Schmerzen und engagierte sich als überzeugte Patriotin während des Ersten Weltkriegs hinter den Frontlinien bei der Truppenbetreuung. Dann aber waren ihre Kräfte aufgebraucht. „Die Göttliche“ starb am 26. März 1923 im Alter von 78 Jahre in Paris.Martin Stolzenau/tws