18.05.2024

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Folge 13-23 vom 31. März 2023 / Bahnnetz / Zu alt, zu störanfällig, zu wenig Kapazität / Eine Benotung der Bahnanlagen in Deutschland deutet auf einen katastrophalen Zustand hin

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-23 vom 31. März 2023

Bahnnetz
Zu alt, zu störanfällig, zu wenig Kapazität
Eine Benotung der Bahnanlagen in Deutschland deutet auf einen katastrophalen Zustand hin
Wolfgang Kaufmann

Am 14. März attestierte der Bundesrechnungshof der staatseigenen Deutschen Bahn AG (DB) eine „Dauerkrise“. So werde der miserable Zustand des Schienennetzes dafür sorgen, dass das Ziel der Bundesregierung, bis 2030 den Personenverkehr per Bahn zu verdoppeln und den Bahnanteil beim Güterverkehr auf 25 Prozent zu erhöhen, unerreichbar bleiben. Wie schlimm es dabei im Konkreten um die Bahnanlagen steht, verriet kurz darauf ein detaillierter Bericht von Philipp Nagl, dem neuen Vorstandsvorsitzenden der Bahn-Tochter DB Netz AG, welche für die Eisenbahninfrastruktur hierzulande verantwortlich zeichnet, an den Aufsichtsrat der DB.

In dem eigentlich vertraulichen Papier, dessen Inhalt aber in kürzester Zeit an die Presse gelangte, zeigt sich ein deprimierendes Bild von dem insgesamt 33.288 Kilometer umfassenden Schienennetz der Bundesrepublik. Wie in Österreich und der Schweiz schon seit Längerem üblich, wurden nunmehr alle Brücken, Tunnel, Gleise, Oberleitungen, Bahnübergänge und Stellwerke mit Noten von Eins bis Fünf bewertet. Dabei steht eine Vier für „schlecht“ beziehungsweise „wesentliche Beeinträchtigungen“ und eine Fünf für „mangelhaft“. Im letzteren Falle drohen dann Störungen des Bahnbetriebs.

Laut Nagls Bericht erhielt ein Viertel aller Weichen die Noten Vier oder Fünf. Das gilt ebenso für mehr als jede zehnte Brücke und über ein Fünftel aller Oberleitungen. Und auch 23 Prozent der Gleise, 42 Prozent der Bahnübergänge und 

48 Prozent aller Stellwerke bekamen nur eine Vier oder Fünf. Doch damit nicht genug. Etwa ein Zehntel des Bahnnetzes gehört zur Klasse „hA+“. Auf diesen Strecken fahren die meisten Züge. Allerdings sind gerade die Abschnitte mit der höchsten Auslastung in einer schlechteren Verfassung als das Gesamtnetz: Während dessen Notendurchschnitt bei 2,93 liegt, kommt der Bereich „hA+“ nur auf 3,01.

Vergleicht man dieses Ergebnis mit dem Zustand des Bahnnetzes in den Nachbarländern Österreich und Schweiz, dann steht die bundesdeutsche Infrastruktur am Schlechtesten da. Zudem sind die stärker frequentierten Strecken jenseits unserer Grenzen anders als in der Bundesrepublik deutlich besser erhalten als die übrigen Abschnitte. Daher lautet Nagls Fazit: „Das deutsche Schienennetz ist in Teilen zu alt, zu störanfällig und bietet zu wenig Kapazität.“ Daran zeige sich die „Unterfinanzierung des Schienennetzes“ in Deutschland: „Bisherige Investitionsmittel waren nicht ausreichend.“ Um diese Misere zu beenden, brauche es einen „radikalen Kurswechsel“ bei der Bahn, der die „schnelle und umfassende Generalsanierung“ ermögliche.

Den dafür notwendigen Finanzbedarf beziffert Nagl auf etwa 89 Milliarden Euro. Und tatsächlich teilte der Bundesminister für Digitales und Verkehr, Volker Wissing (FDP), nach Bekanntwerden des Berichtes mit: „Bis zum Jahr 2029 stellt der Bund der Bahn insgesamt 86 Milliarden Euro für Sanierung und Instandhaltung zur Verfügung.“ Allerdings bleibt offen, inwieweit dieses Versprechen dann auch tatsächlich eingelöst werden kann.