18.05.2024

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Folge 13-23 vom 31. März 2023 / Debatte / Ohne Atomkraft kein Ausbau der „Erneuerbaren“

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-23 vom 31. März 2023

Debatte
Ohne Atomkraft kein Ausbau der „Erneuerbaren“
Wolfgang Müller-Michaelis

Einer meiner Aphorismen aus Studententagen lautet: „Unwissenheit und Fantasie sind zwei gefährliche Schwestern.“ Nachdem er in den 1960er Jahren eher aus der Beobachtung von Randerscheinungen der Politik entstanden war, kann dieser so unscheinbar daherkommende Spruch zwei Generationen später zu meinem Erschrecken als exemplarisch für die Charakterisierung weiter Teile des politischen Entscheidungshandelns herangezogen werden. 

Es ist schon nicht mehr Verärgerung geschweige denn Empörung über das, was einem alltäglich von Politikern, die über Wohl und Wehe unseres Landes zu befinden haben, in den Medien an Aussagen und Stellungnahmen zu den zur Lösung anstehenden Problemen zugemutet wird. Vielmehr stellt sich immer wieder ungläubiges Erstaunen ein, wenn von Repräsentanten eines Staates, der immerhin zu den führenden Industrienationen der Welt gehört, in öffentlichen Auftritten Ansichten über grundlegende wirtschaftliche Zusammenhänge geäußert werden, die bar jeder fachlichen Expertise und nicht selten einfach hanebüchen sind. 

Faktenfreier Politikersprech

Gerade ist die Grünen-Vorständin Kathrin Göring-Eckardt (zum wievielten Male?) bei „hart aber fair“ dabei, die Kernenergie in der ihr eigenen Art „abzuwickeln“. Selbst wenn man die Kernkraftwerke am Netz behalten wolle, seien ja keine neuen Brennstäbe da. Und der Vorzeigekandidat der Atomenergienutzung Frankreich habe seine AKW im letzten Sommer abschalten müssen und sei von Deutschland mit Strom versorgt worden. Dazu passt ein Zitat von „KGE“, dass zu den Klassikern jener Statements gehört, die nach bestem Wissen und Gewissen mit der Gewichtung gemacht werden, dass das Gewissen dabei über hundert Prozent, das Wissen hingegen bei unter null auszumachen ist: „Je mehr Atomstrom produziert wird, umso weniger kommen die erneuerbaren Energien ins Netz. Weil der Atomstrom die Leitungen dann quasi verstopft. Wer das nicht berücksichtigt, ist für mich kein guter Klimaexperte.“

Könnte man solche Fantastereien noch als kabarettreif einordnen, gibt es Aussagen, zumal wenn sie von der Parteivorsitzenden der Grünen Ricarda Lang kommen, die man nur mit Kopfschütteln, wohl auch mit einer gewissen Beängstigung zur Kenntnis nimmt: „Wir setzen voll auf erneuerbare Energien. Sonne und Wind gehören niemandem. Damit machen wir uns unabhängig von Ländern wie Russland. Sonne und Wind schützen so am Ende sogar unsere Demokratie.“ 

Dass Sonne und Wind besonders geeignet sind, unsere Demokratie zu schützen, mag durchaus sein, ob sie aber in der Lage sind, den heute schon großen und zukünftig dynamisch ansteigenden Energiehunger eines der führenden Industrieländer der Welt zu decken, steht in den Sternen, zumal die Erneuerbaren es trotz starker staatlicher Förderung bis heute auf nur 17 Prozent des deutschen Primärenergieverbrauchs gebracht haben.

Gerade wenn man in Anerkennung der klimapolitischen Prioritäten für einen so stark wie möglichen Ausbau der Erneuerbaren eintritt, gehört es zum Anspruch an eine glaubwürdige Politik, zu erkennen, dass sie es aus physikalischen, ökonomischen und sozialen Gründen allein nicht schaffen können, die Energieversorgung eines Industrielandes zu sichern. Da man von den fossilen Energien aus übergeordneter klimapolitischer Notwendigkeit keine markante Entlastung erwarten darf, bleibt beim heutigen Stand der Technik nur die Kernenergie, zumal sie sich dadurch auszeichnet, nicht nur versorgungssicher, sondern auch umwelt- und klimaschonend und vergleichsweise kostengünstig zu sein.

Die Welt setzt auf die Kernenergie 

Das ist der entscheidende Grund dafür, dass nicht nur die Mehrheit unserer europäischen Nachbarn, sondern alle Indus­trieländer weltweit (inklusive des Fuku­shima-geschädigten Japan) bei der Langfristplanung ihrer Energieversorgung auf die Kernenergie setzen. Dass dies in Deutschland so wenig bekannt ist, mag an dem Umstand liegen, dass in den die öffentliche Meinung weitgehend prägenden Redaktionsstuben der Massenmedien, vor allem in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten, nach Befunden der Medienforschung Journalisten mit grüner Orientierung überproportional vertreten sind. 

Nicht einmal die Tatsache, dass der Weltklimarat IPCC in seinen Sachstandsberichten, wie jüngst wieder, die Kernenergie als Teil der Lösung gegen den Klimawandel sieht, finden die deutschen Leitmedien der Mitteilung wert. Nachdem vor Jahren durchsickerte, dass auch der Weltstar der Klimaaktivisten, Greta Thunberg, unter Berufung auf den Weltklimarat für die Kernenergie eintrat, ist sie kaum noch in den deutschen Medien präsent. Sie kann sich im Übrigen auch auf die guten Erfahrungen in ihrer Heimat berufen, denn die schwedische Stromproduktion basiert trotz Segnung des Landes mit starker Ausstattung durch die erneuerbare Ressource Wasserkraft zu einem Drittel auf Kernenergie. 






Prof. Dr. Wolfgang Müller-Michaelis war Generalbevollmächtigter der Deutschen BP AG Hamburg (bis 1991) und nach der deutschen Einheit Energie-beauftragter der Sächsischen Staats-regierung Dresden/Organisation der Braunkohlesanierung in den Revieren Lausitz und Westsachsen. Er ist Verfasser zahlreicher energiepolitischer Beiträge. 

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