18.05.2024

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Folge 13-23 vom 31. März 2023 / Ausstellung / Versammelter „Blödsinn“ / Sinnlos bis zum Geht-nicht-mehr – Die Bundeskunsthalle in Bonn zeigt „Ernsthaft?! Albernheit und Enthusiasmus in der Kunst“

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-23 vom 31. März 2023

Ausstellung
Versammelter „Blödsinn“
Sinnlos bis zum Geht-nicht-mehr – Die Bundeskunsthalle in Bonn zeigt „Ernsthaft?! Albernheit und Enthusiasmus in der Kunst“
Siegfried Schmidtke

Albern wird im Wahrig-Wörterbuch mit „dumm, töricht, kindisch“ umschrieben. Das sind weit entfernte Bedeutungsattribute von dem, was (vermeintlich) „ernsthafte“, seriöse Kunst zum Ausdruck bringen möchte. In der Bonner Bundeskunsthalle wird jetzt die Albernheit in der Kunst museal gefeiert.

Die erste Überraschung erfährt der Besucher schon beim Eintritt in die Ausstellung: Er sieht sich selbst in einer Ansammlung von Spiegeln. „Ich - ein Kunstobjekt? Lachhaft! Wie albern!“, mag da so manchem durch den Kopf gehen. Die Irritationen nehmen zu beim Rundgang durch den versammelten „Blödsinn“. Die Kuratoren Jörg Heiser und Cristina Ricupero greifen weit zurück in die Geschichte. Ältestes Werk, immerhin 380 Jahre alt, ist ein Bild von Pieter Bruegel d. Ä. aus dem Jahr 1642: „Drei Narren“. Es zeigt erwachsene Männer, die kindisch-verspielt vor einer Stalltür herumtollen. 

Anfang des 20. Jahrhunderts schufen Dada-Künstler Werke, die vor allem die Ablehnung „konventioneller“ Kunst und Kunstformen sowie bürgerlicher Ideale als Ziel hatten. Etablierte Haltungen und als „normal“ angesehene Werte wurden pa­rodiert, banalisiert oder ad absurdum geführt. In der Ausstellung sind Szenen des dadaistisch inspirierten Kurzfilms „Entr’acte“ aus dem Jahr 1924 des französischen Regisseurs René Clair zu sehen: Ein Leichenzug zieht durch die Straßen. Dahinter die Trauergemeinde, die mit seltsamen, ballettartigen Bewegungen hüpfend und springend dem Sarg folgt. Der Film wurde zum Skandal und machte Clair über Nacht berühmt.

Untergründige, unbewusste menschliche Tendenzen werden von surrealistischen Künstlern aufgegriffen. Das bekannte und schon recht hintergründige Bild „Dies ist keine Pfeife“ des Belgiers Rene Magritte, das eine Pfeife darstellt, aber keine ist, sondern – eben – ein Bild, wird hier von Magritte selbst parodiert. Er malt einer Pfeife einen Phallus als Mundstück an, was meist sicher sofort unbewusst, aber erst beim zweiten Blick registriert wird. Das Bild hat keinen Titel, wird aber als „Sex-Pfeife“ bezeichnet.

Weniger spaßig, aber auch erst beim genauen Hinsehen überraschend ist ein im Portrait-Stil des 19. Jahrhunderts dargestelltes Bürgerpaar von Hans-Peter Feldmann. Auf beiden Gemälden hat Feldmann dem sich – auf dem ersten Blick – seriös und selbstgefällig präsentierten Paar fast unauffällig Schielaugen verpasst. Er parodiert damit die Portrait-Kunst und -Künstler.

Der „reine Blödsinn“ zeigt sich auch in Sigmar Polkes „Kartoffel-Maschine“, die auf Knopfdruck eine an einen Draht gebundene Kartoffel um eine andere Kartoffel kreisen lässt – sinnlos bis zum Geht-nicht-mehr.

„Ernsthaft?! Albernheit und Enthusiasmus in der Kunst“, bis 10. April, Bundeskunsthalle, Helmut-Kohl-Allee 4, Bonn, geöffnet täglich außer montags von 10 bis 19 Uhr, mittwochs bis 21 Uhr, Eintritt: 13 Euro. www.bundeskunsthalle.de