18.05.2024

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Folge 14-23 vom 06. April 2023 / Kasachstan / Zwischen Profit und Sanktionsgefahr / Erdölexporteur für die EU und Partner Russlands – Astanas Gratwanderung beim politischen Machtpoker

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-23 vom 06. April 2023

Kasachstan
Zwischen Profit und Sanktionsgefahr
Erdölexporteur für die EU und Partner Russlands – Astanas Gratwanderung beim politischen Machtpoker
Manuela Rosenthal-Kappi

Der kasachische Energieminister Bolat Aktschulatow teilte kürzlich mit, dass Kasachstan seine Öllieferungen in die Bundesrepublik verfünffachen werde. Sollten ursprünglich 20.000 Tonnen Rohöl in diesem Monat nach Deutschland exportiert werden, so erhöhte der Minister die voraussichtliche Menge auf 100.000 Tonnen. Insgesamt plant Kasachstan, in diesem Jahr 1,2 Millionen Tonnen Öl zu liefern. Die kasachische Regierung hat bei der russischen Pipelinegesellschaft Transneft bereits dafür die Durchleitung über die Druschba-Pipeline beantragt. 

Zum Problem für das Geschäft könnte die enge politische, wirtschaftliche und militärische Verflechtung des Landes mit Russland werden. Einerseits ist Kasachstan durch seine Zugehörigkeit zur Eurasischen Wirtschaftsunion (EAEU) wirtschaftlich abhängig, andererseits militärisch durch seine Mitgliedschaft beim von Moskau dominierten Militärbündnis Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) – Bündnisse, die sich nicht ohne schwerwiegende Folgen kappen lassen. Politisch hat Wladimir Putin 2021 Kassim-Schomart Tokajew bei Umsturzversuchen den Rücken gestärkt. 

Von westlicher Seite droht Ungemach, weil Kasachstan bei der Umgehung der Sanktionen für Russland eine wichtige Rolle spielt. Parallelimporte können dank EAEU ohne Zollkontrolle die gut 7500 Kilometer lange gemeinsame Grenze passieren. So sind die kasachischen Exporte nach Russland im vergangenen Jahr um ein Viertel auf 8,8 Milliarden US-Dollar gestiegen. Kasachstan hat aus der EU unter anderem Kugellager, Kunststoffrohre, Haushaltsgeräte, Smartphones und Computer in einem Umfang importiert, die den eigenen Bedarf des Landes weit übersteigen. 

Aus Sorge vor Sekundärsanktionen des Westens hat die Regierung in Astana seit dem 1. April neue Regeln aufgestellt, um den Schwarzhandel einzudämmen. Um den Westen nicht zu verprellen, arbeitet die Regierung in bestimmten Fragen auch mit dem US-Finanzministerium zusammen.

Mit Moskau wird Astana sich nicht überwerfen können, weil der zentralasiatische Staat keine alternative Lieferroute zu den europäischen Märkten unter Umgehung Russlands hat. Würde der Westen Sanktionen gegen Kasachstan verhängen, könnte Moskau den Öltransit über die Druschba-Pipeline sofort stoppen. So ist davon auszugehen, dass die Kasachen sich weiterhin ein Hintertürchen offenlassen, um Russland und den Westen zufriedenzustellen sowie selbst dabei noch zu verdienen.