18.05.2024

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Folge 14-23 vom 06. April 2023 / Analyse / Aramäer für Frankfurt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-23 vom 06. April 2023

Analyse
Aramäer für Frankfurt
Bodo Bost

Frankfurt ist zwar nur die fünftgrößte Stadt der Bundesrepublik, dafür aber seit 1945 die Wirtschaftsmetropole und seit einigen Jahren Sitz der Europäischen Zentralbank, der einzigen Europabehörde in Deutschland. Welche Rolle die Banken in der globalisierten Welt spielen, wurde gerade wieder an der Bankenkrise deutlich, die zur Insolvenz der Credit Suisse und dem damit verbunden Beben auch in der Frankfurter Bankenwelt führte. 

Auch in der Frankfurter SPD gab es seit einigen Jahren ein Beben, das mit der Korruption des aus dem Amt gewählten ehemaligen Bürgermeisters Peter Feldmann zu tun hatte. Feldmann hatte seiner damaligen Ehefrau lukrative Posten bei der Arbeiterwohlfahrt zugeschustert und dies jahrelang abgestritten, bevor ein Gericht es ihm bewiesen hatte. Zurücktreten wollte der verurteilte Bürgermeister dennoch nicht, Teile seiner Partei standen noch immer hinter ihm.

Zuletzt wurde der Druck aus dem Stadtrat so groß, dass Mike Josef als Frankfurter SPD-Vorsitzender im vergangenen Jahr in einem Volksentscheid über den Amtsverbleib ihres Bürgermeisters zustimmen musste, den Feldmann verlor. Feldmann war darüber sehr erzürnt, er sprach häufig von wachsendem Antisemitismus und meinte dabei auch sich selbst als Jude. 

Auch Josef ist Angehöriger einer seit Jahrhunderten verfolgten religiösen Minderheit. Als Kind kam er 1987 mit seinen Eltern als aramäischer Christ aus dem syrischen Qamischli als Asylbewerber nach Deutschland. Die Stadt Qamischli war 1920 von Überlebenden des Genozids an den Armeniern und anderen christlichen Minderheiten in der Türkei auf der Südseite der von Deutschen als Verbündete der Türken kurz zuvor gebauten Bagdadbahnlinie im französischen Mandatsgebiet Syrien errichtet worden.

Die Familie Josef fand in Baden-Württemberg eine christliche Willkommenskulturgemeinde, die sich um die Ankömmlinge kümmerte. Der junge Mike besuchte ein Gymnasium und studierte danach in Frankfurt Geschichte und Jura. Schon während des Studiums trat er den Jusos bei und wurde ASTA-Mitglied. Der Kampf gegen Studiengebühren war sein politischer Durchbruch, obwohl er eine Klage vor dem Staatsgerichtshof, die er mit einem breiten Bündnis eingereicht hatte, verlor.

Sein rascher Aufstieg in der SPD hing auch mit Feldmann zusammen. Josef wurde die rechte Hand des Oberbürgermeisters. Schon im parteiinternen Duell um die Oberbürgermeisterwahl im Jahr 2012 gegen Michael Paris unterstützte er ihn. Auch Feldmann als OB sprach nur in den höchsten Tönen von Josef. Es hatte den Eindruck, als ob Feldmann bereits seinen eigenen Nachfolger aufbaute.

Ein „ordentlicher Kerl“

Dass das Stadtparlament im vergangenen Jahr dem Oberbürgermeister sein Misstrauen aussprach und es zur Abwahl Feldmanns kam, war letztlich nur möglich, weil der SPD-Vorstand unter Josef von Feldmann abrückte und ihn wegen der Korruptionsanklage zum Rücktritt aufforderte. Dies fiel Josef nicht leicht, denn er wusste, was er der SPD und vor allem Feldmann zu verdanken hatte. 

Auch nach Josefs jetzt knapp errungenem Wahlsieg von 51,3 Prozent waren seine ersten Äußerungen Worte des Dankes an seine Partei und an die Wähler. Er wolle der OB aller Frankfurter sein. Der unterlegene CDU-Kandidat Sven Becker gratulierte Josef und bezeichnete ihn als „ordentlichen Kerl“, angesichts seiner positiven Rolle bei der Abwahl von Feldmann. 

Als Gewerkschaftsmann versuchte Josef im Wahlkampf als Schulexperte beim Thema Wohnungsnot zu punkten. Ob er der richtige OB für Frankfurt ist, wird die Zukunft zeigen. Eigentlich hätte die Stadt nach Jahrzehnten SPD und Klüngel-Wirtschaft einen wirklichen Neuanfang verdient. Entgegen anderen Immigranten, vor allem bei den Grünen, die zum Teil noch ohne deutschen Pass und ohne Schulabschluss schon in die Politik gehievt werden und dann ihren Migrationshintergrund gegen die „schlimme deutsche Asylpolitik“ vermarkten, wehrt sich Josef dagegen, seinen Migrationshintergrund politisch vermarkten zu lassen. 

Josef wolle nach eigenen Aussagen Politik für alle machen, nicht nur für die SPD und nicht nur für Flüchtlinge wie einige Berufsmigranten bei den Grünen und auch bei der SPD.