18.05.2024

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Folge 14-23 vom 06. April 2023 / TV-Kritik / Karlas letzter Weg / Wenn der finale Vorhang fällt – Iris Berben glänzt in einem Film, der vom Tod erzählt, ohne traurig zu sein

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-23 vom 06. April 2023

TV-Kritik
Karlas letzter Weg
Wenn der finale Vorhang fällt – Iris Berben glänzt in einem Film, der vom Tod erzählt, ohne traurig zu sein
Anne Martin

Es gibt diese Filme, die eine traurige Geschichte erzählen und trotzdem heiter stimmen. „Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster“ (Karfreitag im Ersten um 20.15 Uhr) gehört dazu. Da ist die schwer krebskranke Karla Jenner (Iris Berben), die in ihrer schon halb leer geräumten Altbauwohnung ihre Erinnerungen als Fotografin sortiert und durchaus skeptisch einen Sterbebegleiter empfängt.

Unsicher ist dieser unscheinbare Mann, der da vor ihr sitzt, die Aktentasche auf dem Schoß, als wäre er ein Vertreter. Weil Fred Wiener (Godehard Giese) vor Jahren seine Frau verloren hat, will er nun andere auf ihrem Weg zum endgültigen Abschied begleiten. Aber anders als in seinem Beruf als Qualitätsmanager für Lichtsignalanlagen gibt es für sein neues Ehrenamt weder Ablaufpläne noch einen Schalter, um die passende Tonlage und das richtige Maß an Mitgefühl aufzurufen. Prompt macht er alles falsch. Zu jovial, zu beherzt tritt Wiener der Kranken gegenüber – die guckt ihn nur schweigend an. 

Kann man in Kursen lernen, eine Sterbende zu begleiten, wenn man selber gesund ist? Kann man lernen, Hilfe zu dosieren und gegen Ende hin einfach nur still zu werden? Die Künstlerin hat nichts mehr zu verlieren. Sie darf brüsk sein, und ist es auch: „Können wir das mit dem Small Talk nicht einfach überspringen?“

Nach hilflosen Minuten schickt sie ihn weg, empfängt dafür aber seinen Sohn Phil (Claude Heinrich), der die Fotos ihres Lebens digitalisieren soll. Dem schüchternen Jungen wird es gelingen, eine Verbindung aufzubauen zu der spröden, abweisenden Frau in ihrer am schmalen Körper hängenden Hippie-Montur. 

Wie diese drei Menschen aus unterschiedlichen Generationen zusammenfinden, wie es ihnen gelingt, die letzte Strecke gemeinsam zu gehen, einander ohne viele Worte beizustehen, ist ein anrührender Beitrag zum heiß diskutierten Thema Sterbehilfe. Berben, die bei Filmpremieren auf roten Teppichen die glamouröse Diva ist, verzichtet hier auf jegliche Eitelkeit. Ihre Karla Jenner ist von der Krankheit gezeichnet bis hin zur gebrechlich wirkenden Statur. Und wenn sie sich doch raus in die Welt wagt, dann tarnt sie sich trotzig mit riesigem Hut und Sonnenbrille. Carla wird sterben, und sie will diesen Weg selbstbestimmt abkürzen. Ihr Sterbebegleiter soll dabei nichts weiter tun. Es reicht, dass er an ihrer Seite ist, ihre Hand hält und später – wenn alles vorbei ist – die Gardinen zurückzieht und weit die Fenster öffnet.

Es gibt diese tröstlichen Filme, die angesichts des Todes von den Lebenden erzählen, von kostbaren Momenten, die sie miteinander teilen, bevor der Vorhang fällt.