18.05.2024

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Folge 16-23 vom 21. April 2023 / Kriminalität / Neuer Rekord bei Geldautomaten-Sprengungen / Politik, Polizei und Kreditwirtschaft schieben sich gegenseitig Schuld und Verantwortung zu

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-23 vom 21. April 2023

Kriminalität
Neuer Rekord bei Geldautomaten-Sprengungen
Politik, Polizei und Kreditwirtschaft schieben sich gegenseitig Schuld und Verantwortung zu

Die Anzahl der Sprengungen von Geldautomaten in Deutschland hat laut dem Bundeskriminalamt (BKA) im vergangenen Jahr mit 496 einen neuen Höchststand erreicht. Im Vergleich zum Vorjahr war ein Anstieg um 27 Prozent, also mehr als einem Viertel, zu konstatieren. Und die ersten Monate des laufenden Jahres lassen eine Fortsetzung des Trends vermuten.

Lange Zeit tappten die Ermittler im Dunkeln, bis viele Spuren in die Niederlande führten. Ein Großteil der Sprengungen fand in grenznahen Bundesländern statt. Besonders betroffen sind Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Hessen, Baden-Württemberg und das Saarland. 

Die Überfälle laufen nach Erkenntnissen des BKA immer nach diesem Schema ab: Junge Männer reisen mit gestohlenen Personenkraftwagen nach Deutschland ein, sprengen einen Automaten und düsen mit dem erbeuteten Geld unter Missachtung jeglicher Verkehrsvorschriften wieder ab. Radar-Fotos, die zuhauf entstehen, nutzen dabei wenig. Meist tauchen die Autos abgestellt hinter der Grenze wieder auf. 

„Geldautomaten-Sprengungen sind die Banküberfälle der Moderne“, sagt der bayerische Justizminister Georg Eisenreich (CSU). Im Freistaat gab es im vergangenen Jahr 37 Vorfälle. 

Vor Jahren hat es in den Niederlanden zahlreiche Fälle von Geldautomaten-Sprengungen gegeben. Weil die Banken dort reagierten und nun auf moderne Sicherheitssysteme setzten, sind die Taten dort stark zurückgegangen. „Bei den reisenden Tatverdächtigen aus den Niederlanden handelt es sich überwiegend um Personen, die häufig einen marokkanischen Migrationshintergrund aufweisen“, teilte das BKA im vergangenen Jahr mit. 

Die Politik, die dem Treiben der international operierenden Banden tatenlos zusieht, will nun die Banken in die Pflicht nehmen. Geldautomatenbetreiber und -hersteller müssten für mehr Sicherheit sorgen, etwa durch den Einsatz von Vernebelungstechnik oder Einfärbe- und Klebesystemen, sagte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) dem „Handelsblatt“: „Sollte das auf freiwilliger Basis nicht geschehen, wird eine gesetzliche Pflicht der Hersteller und Betreiber der Geldautomaten zur Umsetzung geeigneter Schutzmaßnahmen notwendig.“ Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ist von dem Vorschlag angetan. „Jetzt ist die Kreditwirtschaft in der Verantwortung, diese Maßnahmen schnell und konsequent umzusetzen“, erklärte sie. 

In den Niederlanden hat man die Anzahl der Automaten reduziert. Zudem werden die Scheine mit einer Klebevorrichtung präpariert, damit sie bei einer Explosion unbrauchbar werden. Die Maßnahmen sind erfolgreich, aber auch teuer. 

Der Dachverband der deutschen Kreditwirtschaft geht daher auf Konfrontationskurs: „Es ist schwer nachzuvollziehen, dass die alleinige Verantwortung für die Verhinderung von Sprengungen bei Banken und Sparkassen liegen soll“, erklärte der Verband. 

„Wir können nicht jeden Automaten bewachen“, sagt der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende Oliver Huth vom Bund Deutscher Kriminalbeamter. In anderen Ländern müssten Banken die Standorte genehmigen lassen. „Bei uns können die Banken machen, was sie wollen.“ Die Verantwortung wird also hin- und hergeschoben.P.E.