18.05.2024

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Folge 16-23 vom 21. April 2023 / USA / Von Abwiegeln bis starke Verärgerung / Die Reaktionen auf das mutmaßlich von Jack Teixeira verursachte Datenleck unterscheiden sich sehr

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-23 vom 21. April 2023

USA
Von Abwiegeln bis starke Verärgerung
Die Reaktionen auf das mutmaßlich von Jack Teixeira verursachte Datenleck unterscheiden sich sehr
Wolfgang Kaufmann

Der Online-Dienst Discord war ursprünglich eine Plattform für Computerspieler, ermöglicht nun aber ebenso den Nachrichtensofortversand oder -austausch. Letzteres gilt gleichermaßen für das englischsprachige Imageboard „4chan“, wobei hier auch eine besonders große Anonymität gegeben ist. Diese beiden bislang wenig bekannten Dienste stehen seit einigen Tagen im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit, weil Zeitungen wie „The New York Times“ („NYT“) und „The Washington Post“ darauf gestoßen sind, dass über sie mehrere Hundert angeblich streng vertrauliche Dokumente des Verteidigungsministeriums und der Geheimdienste der Vereinigten Staaten verbreitet wurden.

Die Unterlagen beinhalten Informationen über die Waffenlieferungen und weitere Unterstützungsleistungen der USA und der NATO an die Ukraine, Angaben zum Munitionsverbrauch und den Truppenstandorten sowie auch den bisherigen Verlusten der Russen und Ukrainer, Erkenntnisse über ausspionierte Verbündete der USA wie Israel und Südkorea, Mitschriften von abgehörten Gesprächen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Bewertungen der weiteren Verteidigungsfähigkeit sowie der Angriffspläne der Ukraine und – das ist besonders brisant – Hinweise auf westliche Maulwürfe im russischen Sicherheitsapparat beziehungsweise Aufstellungen, welche zeigen, dass 97 Angehörige von NATO-Spezialeinheiten bereits in der Ukraine weilen.

Vorwurf der Fälschung

Die Frage nach der Echtheit der Unterlagen wird zumeist bejaht: Es handele sich augenscheinlich um Papiere zur Unterrichtung von Entscheidungsträgern, deren Machart den üblichen Gepflogenheiten entspreche. Allerdings wurden einige der Dokumente aus der Zeit zwischen Ende Februar und Anfang März wohl nachträglich manipuliert, so zum Beispiel jene, die konkrete Zahlen getöteter russischer und ukrainischer Soldaten enthalten.

Angeblich ging der Täter, der die Geheimsachen abfotografiert haben soll und inzwischen als Angehöriger der Massachusetts Air National Guard Jack Teixeira identifiziert wurde, ausgesprochen leichtsinnig vor. Denn die Aufnahmen zeigen teilweise Alltagsgegenstände aus dem Elternhaus des 21-Jährigen, der als Waffennarr und Rassist mit Hang zu Verschwörungstheorien gilt. Das ermöglichte die schnelle Verhaftung des Whistleblowers – sofern es sich tatsächlich um einen handelt und das Ganze kein Täuschungsmanöver ist. Immerhin müssen die Geheimdokumente mittels speziell gesicherter Drucker, die zudem jeden Bedienvorgang akribisch protokollieren, ausgedruckt worden sein. Somit liegt es durchaus im Bereich des Möglichen, dass die US-Geheimdienste ein Leck simuliert haben, um den Gegner zu täuschen und in die Falle zu locken.

Verbündete sind heftig verärgert

Letzteres scheint wohl die russische Seite anzunehmen, die bislang auffällig zurückhaltend reagierte und keinerlei erkennbare Anstalten macht, die präsentierten Informationen militärisch zu verwerten, also dort offensiv zu werden, wo die 

Ukraine angeblich Schwächen aufweist. Stattdessen äußerte Moskau lediglich seine Genugtuung darüber, dass man nun den Beweis für eine „Verwicklung der Vereinigten Staaten in den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine“ habe.

Auch die Reaktionen aus Kiew kommen nicht sonderlich spektakulär daher und beschränken sich im Regelfall auf den Vorwurf der Fälschung. So meinte Andriy Yusov, der Sprecher des ukrainischen Militärgeheimdienstes HUR, die russische Seite habe hier wieder einmal recht unprofessionell mit Foto-Software hantiert. Und der Präsidentenberater Mychajlo Podoljak konstatierte ebenso gelassen: „Es ist ein gewöhnliches Geheimdienstspiel.“ Dazu passt allerdings nicht, dass er gleichzeitig beteuert, die ukrainischen Offensivpläne würden durch die Enthüllungen keineswegs gefährdet, da sie bislang noch gar nicht fertig ausgearbeitet seien.

Sichtlich stärker verärgert zeigen sich dahingegen andere Verbündete der USA wie Israel. Zudem drohen Verstimmungen in Großbritannien, Australien, Neuseeland und Kanada, denn die Geheimdienste dieser Länder kooperieren eng mit den nun kompromittierten US-Diensten und bilden zusammen mit ihnen die sogenannten Five Eyes (Fünf Augen). Insofern sendet die Regierung in Washington ein dringend nötiges Signal nach außen, wenn sie nun demonstrativ besorgt auftritt und von „einem sehr ernsten Risiko für die nationale Sicherheit“ spricht sowie die Dingfestmachung des Verräters verkündet. Außerdem, so das Pentagon, würden sämtliche mögliche Auswirkungen des Datenlecks aufs Gründlichste analysiert. Details hierzu blieben aber bislang geheim.