18.05.2024

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Folge 16-23 vom 21. April 2023 / Kino-Kritik / Feurige deutsche Romantik / Christian Petzolds „Roter Himmel“ im Kino – Märchenhaftes Ostsee-Idyll von französischer Leichtigkeit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-23 vom 21. April 2023

Kino-Kritik
Feurige deutsche Romantik
Christian Petzolds „Roter Himmel“ im Kino – Märchenhaftes Ostsee-Idyll von französischer Leichtigkeit
H. Tews

Deutsche Filme haben im Ausland den Ruf, nur dann erfolgreich zu sein, wenn sie die NS-Zeit im düsteren Ton aufarbeiten oder als schwermütige Gegenwartsdramen im sozialen Elend inklusive Suchtkranken schwelgen. Insofern ist „Roter Himmel“, der jetzt in den Kinos läuft, völlig atypisch für einen deutschen Film. Die Amouren vor einer Ostseekulisse mit Sonne, Strand und Meer versprühen eine Leichtigkeit, wie man sie sonst nur aus dem französischen Kino kennt.

An die besten Werke des französischen Regisseurs Éric Rohmer erinnert Christian Petzolds „Roter Himmel“, der auch nur mit einem kleinen Ensemble auskommt. In einem Ferienhaus im Wald unweit der Ostseeküste Meck-Pomms versammeln sich zunächst vier Personen, verlieben sich, streiten sich und versöhnen sich wieder. Später komplettiert ein von Matthias Brandt gespielter krebskranker Verlagslektor die illustre Runde.

Bedroht ist das märchenhafte Idyll um den Jungautor Leon, seinen besten Freund, eine Eisverkäuferin und einen Bademeister von einer nahenden Naturkatastrophe. In dem trockenen Sommer kommt eine Feuerwalze näher, welche die ganze Romantik, sprich: den Wald – das Sinnbild deutscher Romantik –, und die Liebesbeziehungen gefährdet. Am Ende bleibt mit Leon ein geläuterter Schriftsteller zurück, der sich von seiner selbstgefälligen Prosa verabschiedet, um sich den wahren Dingen des Lebens zuzuwenden: den menschlichen Schicksalen.

Diese zu portraitieren versteht Petzold meisterhaft. Bewiesen hat er das mit Frauenfilmen wie „Barbara“ (mit Nina Hoss) oder zuletzt „Undine“ (mit Paula Beer). Beer steht auch in dem auf der Berlinale mit dem Jury-Preis ausgezeichneten „Roter Himmel“ als verführerisches Wesen im Mittelpunkt und verzückt als Nadja mit ihrer Sommerfrische.

Die Hauptrolle verkörpert jedoch der Österreicher Thomas Schubert als Leon, der als arroganter Kotzbrocken wie ein – in Nadja – vernarrter Fremdkörper in diesem Liebesidyll wirkt. Mit Langston Uibel als schwuler und farbiger Bettgenosse des bisexuellen Bademeisters (Enno Trebs) hat Petzold zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Damit erfüllt er die von den Filmförderungen klammheimlich geforderte Diversitätsquote. So oder so: Dieser Film sorgt für Urlaubsgefühle.