18.05.2024

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Folge 16-23 vom 21. April 2023 / Holtzbrinck / Vom Buchklub zu einem der bedeutendsten Medienkonzerne / Firmenleitung in dritter Generation: Seit 75 Jahren ist das Unternehmen in Familienhand

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-23 vom 21. April 2023

Holtzbrinck
Vom Buchklub zu einem der bedeutendsten Medienkonzerne
Firmenleitung in dritter Generation: Seit 75 Jahren ist das Unternehmen in Familienhand
Manuela Rosenthal-Kappi

Holtzbrinck – der unbekannte Riese“, lautete die Überschrift eines Artikels in der „FAZ“ über die gleichnamige Verlagsgruppe. Tatsächlich gehörte es zur jahrzehntelangen Tradition des Familienunternehmens, möglichst wenig in der Öffentlichkeit präsent zu sein. In den bunten Illustrierten wird man den Namen kaum finden. Wohl deshalb ist kaum bekannt, dass die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck eines der vier wichtigsten Medienunternehmen Deutschlands ist.

Bekannter als die Familie von Holtzbrinck sind die Namen ihrer Markenartikel im Sortiment: Buchverlage wie S. Fischer und Rowohlt oder Zeitungen wie das „Handelsblatt“ und der Berliner „Tagesspiegel“ gehören zum Familienunternehmen. Holtzbrinck ist heute die Nummer eins im Bereich der Wissenschafts- und Fachpublikationen sowie Unterrichtswerke, und versteht sich als dezentrale Familienholding, die Autoren, Forscher, Lehrer und Leser in ihrem Vorankommen unterstützen möchte. 

Die Anfänge waren recht bescheiden. Georg von Holtzbrinck, dessen Todestag sich am 27. April zum 40. Mal jährt, entstammte einer adligen Gutsbesitzerfamilie aus Hagen in Westfalen, die durch Misswirtschaft und Inflation verarmt war. Der spätere Verlagsgründer hatte ein Jura-Studium begonnen und musste für seinen Lebensunterhalt selbst aufkommen. 1931 baute er ein Zeitschriften- und Buchwerbungsgeschäft auf. 1933 war er der NSDAP beigetreten, was seinen Neuanfang nach dem Krieg erschweren sollte. Nach der vorzeitigen Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft erhielt er Berufsverbot. Im Entnazifizierungsverfahren wurde Holtzbrinck zur Zahlung von 1200 Reichsmark verurteilt. 1948 gründete er sein Unternehmen in Stuttgart neu. Zunächst firmierte er unter dem Namen „Stuttgarter Hausbücherei“, später als „Deutscher Bücherbund“, einem Buchklub ähnlich dem des Bertelsmann Verlags. 

Neubeginn in Stuttgart

Trotz seiner NS-Vergangenheit gelang es dem Verlagsgründer, ab den 1960er Jahren ehemals jüdische Verlage wie S. Fischer zu erwerben. In den Folgejahren kamen Anteile an den renommierten Publikumsverlagen Rowohlt, Droemer Knaur und Kindler hinzu. Es erfolgte der Einstieg bei der „Saarbrücker Zeitung“ und beim „Handelsblatt“, was Anlass zur Gründung der Holdung gab. 1971 wurde mit Sitz in Stuttgart die Medien-Holding Holtzbrinck Publishing Group gegründet, die heute der jüngste Sohn des Firmengründers, Stefan von Holtzbrinck, leitet. 

Aus der Ehe mit Addy geborene Griesenbeck gingen drei Kinder hervor, von denen die 2019 verstorbene Monika und Georg-Dieter im Konzern mitwirkten. Dass der jüngste Sohn Stefan als uneheliches Kind aus der Liaison mit der Sekretärin des Buchverlegers hervorgegangen ist, war ein lange gehütetes Geheimnis, ebenso wie die Tatsache, dass Georg von Holtzbrinck jahrelang ein Doppelleben führte. Zwar sorgte er für seine beiden Familien vorbildlich, bekannte sich jedoch erst Mitte der 70er Jahre zu Stefans Vaterschaft. 

Für die Expansion auf den englischsprachigen Markt Mitte der 1980er Jahre zeichnet Sohn Dieter verantwortlich. Zunächst übernahm er in den USA die Verlage Scientific American und Henry Holt, Mitte der 1990er Jahre kam das britische Unternehmen Macmillan Publishers hinzu. Mit dem Verkauf des Deutschen Bücherbunds wurde ein stärkereres Engagement in elektronische Medien beschlossen. Nach der Umstrukturierung 2009 konzentriert sich das Unternehmen auf Wissenschaft, Bildung und Buchverlage, während die abgetrennte Dieter von Holtzbrinck Medien ihren Schwerpunkt bei Presse und Publikumszeitschriften hat.

Nach Umwegen fand auch Stefan von Holtzbrinck, der nächsten Monat seinen 60. Geburtstag feiert, den Weg ins väterliche Unternehmen. Seit Mai 2001 ist er Vorsitzender der Geschäftsführung und zählt zu den 50 reichsten Personen in Deutschland. Die Mitarbeiterzahl der erfolgreichen Holding wuchs 2020 auf 5067, der Umsatz lag bei 3,2 Milliarden Euro.