18.05.2024

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Folge 16-23 vom 21. April 2023 / Zeitgeschichte / Bewegendes über Indonesien / Der Erfolgsautor David van Reybrouck erzählt die Entwicklung des südostasiatischen Landes von einem Kolonial- zu einem unabhängigen Staat

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-23 vom 21. April 2023

Zeitgeschichte
Bewegendes über Indonesien
Der Erfolgsautor David van Reybrouck erzählt die Entwicklung des südostasiatischen Landes von einem Kolonial- zu einem unabhängigen Staat
Dirk Klose

Die Bewegung Blockfreier Staaten, in den 1950er Jahren mit Jawaharlal Nehru (Indien), Gamal Abdel Nasser (Ägypten) und Sukarno (Indonesien) an der Spitze gegründet, ist heute kaum noch in Erinnerung. Damals aber, mit der Konferenz afro-asiatischer Staaten im indonesischen Bandung schien es, als würden diese Länder ein Gegenpol zu den Blöcken in Ost und West werden. Bandung war nicht zufällig als Konferenzort gewählt. Der indonesische Präsident Sukarno (1901–1970) hatte damals großes Prestige – als erste Kolonie in Asien hatte er Indonesien 1945 taktisch klug in die Unabhängigkeit geführt.

Der belgische Erfolgsautor David van Reybrouck, dessen Buch über den Kongo unter belgischer Herrschaft zum weltweiten Bestseller wurde, hat das südostasiatische Land zum Thema eines spannenden Buches gemacht. Zumal für deutsche Leser, für die sowohl die Region als auch deren Geschichte fernliegen, öffnet sich eine bislang fast unbekannte terra incognita.

Indonesien hat als größter Inselstaat der Welt etwa 17.000 Inseln und ist der größte muslimische Staat. Geprägt wurde die Zeit seit 1600 von den Holländern. Zunächst nahm deren Vereinigte Ostindische Companie (VOC) erste Inseln in Besitz, ab etwa 1800 dann der holländische Staat. Das Kolonialreich hatte seine größte Ausdehnung zwischen 1914 und 1942.

Der Autor  erzählt die Geschichte des Archipels von den Anfängen über die oft von blutigen Kriegen gezeichneten Jahrhunderte bis ins 20. Jahrhundert, als sich erste Unabhängigkeitsbestrebungen zeigten. Im Zweiten Weltkrieg hatte Japan alle Inseln besetzt, aus denen sie die Amerikaner in verlustreichen Kämpfen vertrieben. Zwei Tage nach der japanischen Kapitulation rief Sukarno die Unabhängigkeit aus.

Doch die Niederlande dachten nicht daran, „ihr“ Land aufzugeben. In zwei „Polizeiaktionen“ 1947 und 1949 versuchten sie hartnäckig, den Lauf der Geschichte aufzuhalten. Das war militärisch zunächst erfolgreich, scheiterte aber nach massivem Druck der USA und der UN. Die endgültige Freigabe Indonesiens verband die holländische Regierung mit einer Union zwischen beiden Staaten, die Sukarno wegen rasch einsetzender Differenzen 1955 beendete.

Van Reybrouck ergänzt seine Erzählung mit rund 200 Interviews, die er mit fast hundertjährigen Zeitzeugen in Indonesien, Japan und den Niederlanden geführt hat. Es sind bewegende, oft auch schreckliche Geschichten. In Summa eine außerordentliche Darstellung, die man mit großem Gewinn liest.

David van Reybrouck: „Revolusi. Indonesien und die Entstehung der modernen Welt“, Suhrkamp Verlag, Berlin 2022, gebunden, 752 Seiten, 34 Euro