18.05.2024

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Folge 16-23 vom 21. April 2023 / Diwitten / Zeppeline in Ostpreußen / Im Jahr 1913 kamen die Luftschiffe in Form einer Zigarre mit dem neu aufgestellten 20. Armeekorps nach Allenstein

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-23 vom 21. April 2023

Diwitten
Zeppeline in Ostpreußen
Im Jahr 1913 kamen die Luftschiffe in Form einer Zigarre mit dem neu aufgestellten 20. Armeekorps nach Allenstein
Uwe Hahnkamp

In der Vortragsreihe „Exponat des Monats“ des Museums der Moderne des Städtischen Kulturzentrums in Allenstein war Ende März ein unscheinbares Dokument zu bewundern. Einen „Soldatenbrief aus Diwitten von 1916“ nahm Rafał Bętkowski vom Museum zum Anlass, um über die dortige Basis Allenstein für Luftschiffe und über die Zeppeline zu referieren.

Die Luftschifffahrt begann nicht mit Flugzeugen, sondern mit Ballons und dem Versuch, diese zu steuern und mit Motoren anzutreiben. Ein Visionär war Herrmann Ganswindt aus Voigtshof bei Seeburg in Ostpreußen, der ein großes Modell eines Luftschiffs und sogar einen Anlegemast entwarf. Wichtig ist jedoch vor allem Ferdinand Graf von Zeppelin, dessen 120-Meter-Luftschiff in Form einer Zigarre sich am 2. Juli 1900 um 20.03 Uhr in Manzell von den Wassern des Bodensees erhob. Mit diesem ersten Zeppelin begann das Zeitalter des Transports von Waren und Menschen – und Waffen – durch die Luft.

Schon damals stand der Hangar des ersten Zeppelins auf dem Wasser des Bodensees. Denn die Konstruktionen waren am Boden beim Aufprall auf Hindernisse sehr empfindlich. Einige Zeppeline, die problemlos Tausende Kilometer mit ihren Lasten gefahren waren, wurden beim Einhallen in die Hangars geradezu zusammengefaltet, wenn sie nicht passend hineingezogen wurden. Der Erfolg wog die Risiken auf; insgesamt 150.000 Kilometer bei 1600 Flügen mit 37.000 Passagieren vor dem Ersten Weltkrieg sprechen für sich.

Im Jahr 1913 kamen die Zeppeline mit dem neu aufgstellten 20. Armeekorps nach Allenstein. Die Stadt hatte auf dem Boden des Dorfs Diwitten Grund gekauft und dem Heer zur Verfügung gestellt. Der erste Zeppelin, der in Diwitten landete, fuhr am 5. Juni 1914 über Allenstein. Damals entstand aus dem Zeppelin heraus ein Luftbild, welches das Museum der Moderne in einer Vergrößerung an einer Wand präsentiert. 

Im Laufe des Ersten Weltkrieges nahmen von Diwitten aus viele Luftschiffe an Kämpfen teil oder absolvierten Erkundungsfahrten. Neben dem Beschuss durch feindliche Kräfte gab es noch andere Risiken. 

Der Zeppelinkapitän Ernst A. Lehmann schilderte in seinen Memoiren die Fahrt vom 10. auf 11. August 1915. Er verlor durch Einschusslöcher Traggas und danach die Orientierung, geriet in Nebel und musste zuletzt auf dem Kellaren-See notwassern – mit 150 Meter Länge auf einem von Bäumen umgebenen kleinen See. Wegen eines beschädigten Motors wurden selbst der Neustart und die letzten Kilometer nach Diwitten noch ein riskantes Unterfangen. Lehmann hatte damals Glück. Doch er starb dann am 6. Mai 1937 beim Unglück des Zeppelins „Hindenburg“ in Lakehurst, welches das Zeitalter der Zeppeline beendete.

Ziviler Dienst – Dienst im Krieg

Solche Risiken gab es am Boden nicht. Es war jedoch eine sehr schwere Arbeit, ein Luftschiff über Leitschienen gleichmäßig und vorsichtig in seine Halle zu ziehen. Das war der Job des Soldaten R. Waschke, der im Feldpostbrief vom 3. Dezember 1916 seiner Frau Maria in Berlin schildert, wie es beim „Königlich Preußischen Feldtrupp für Luftschiffe Nr. 16“ (so der Stempel der Formation) in Diwitten so ist: „Die Beine schmerzen am Knöchel, das könnte auch Rheumatismus sein […], aber bei einer Krankmeldung wegen Kleinigkeiten droht Arrest.“ An seinem freien Tag hatte er zwei kleine Dörfer besucht, beide ärmlich, leidend unter dem Krieg, von den Russen beraubt. Es gab nicht mehr viel zu kaufen, aber Brot sollte seine Frau nicht schicken, um nicht selbst zu hungern. 

Es sind einfache Worte, grammatikalisch nicht sattelfest, aber eindringlich in der Schilderung der traurigen Lage. Es war für ihn und seine Familie damals keine leichte Zeit, weder beim Heer noch in der Heimat. 

Mit dem Versailler Frieden wurde die Basis für Luftschiffe dann formell aufgelöst, sie diente nur noch als Schulungszentrum für die Besatzungen von Beobachtungsballons.