18.05.2024

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Folge 17-23 vom 28. April 2023 / Gesundheitspolitik / „Ein Missbrauch dieser Daten ist unmöglich“ / Elektronische Patientenakte soll Digitalisierung von Gesundheitswesen und Pflege beschleunigen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-23 vom 28. April 2023

Gesundheitspolitik
„Ein Missbrauch dieser Daten ist unmöglich“
Elektronische Patientenakte soll Digitalisierung von Gesundheitswesen und Pflege beschleunigen
Wolfgang Kaufmann

Mit dem Digitalgesetz und dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Digitalisierung des Gesundheitswesens und der Pflege beschleunigen. Kernstück des Vorhabens ist die flächendeckende Einführung und Verwendung der elektronischen Patientenakte (ePA). Bis Ende 2024 sollen alle gesetzlich Krankenversicherten eine derartige Akte haben. Der Nutzen der ePA besteht nach Lauterbach nicht zuletzt in der drastischen Reduzierung von Doppeluntersuchungen und der Vermeidung kritischer Wechselwirkungen von Medikamenten. Deshalb hofft das Bundesgesundheitsministerium, dass nur sehr wenige Versicherte von der prinzipiell bestehenden Möglichkeit Gebrauch machen, Widerspruch gegen die andernfalls automatisch stattfindende Einrichtung einer ePA einzulegen. 

Allerdings birgt die Nutzung der elektronischen Krankenakte erhebliche Risiken im Hinblick auf die Datensicherheit und den Datenschutz. Zum einen besteht die Möglichkeit der Infizierung mit Viren oder Trojanern und damit des Datendiebstahls, der Datenmanipulation sowie des Datenverlustes beispielsweise durch den Einsatz der Gesundheitskarte, die wie ein Türöffner zur ePA funktioniert. Das wirft dann auch ernsthafte Haftungsfragen für Patienten und Ärzte auf.

Zum anderen sollen die sensiblen Daten aus den Gesundheitsakten weitergeleitet werden an das neue Forschungsdatenzentrum Gesundheit (FDZ) des dem Gesundheitsministerium unterstehenden Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das wiederum die Informationen über die Patienten dann an Wissenschaftler und Pharmaunternehmen weiterreichen darf, wenn diese einen entsprechenden Antrag stellen. Das Lauterbach-Ministerium geht davon aus, dass es Ende 2026 schon über 300 Nutzer der Daten des FDZ geben könnte. 

Dabei werden die gespeicherten beziehungsweise weitergeleiteten Angaben keineswegs anonymisiert, sondern nur pseudonymisiert. Deswegen lassen sich die Personen, zu denen detaillierte gesundheitliche Informationen vorliegen, mit Hilfe entsprechender Schlüssel zweifelsfrei identifizieren. Dennoch behauptet Lauterbach: „Ein Missbrauch dieser Daten ist unmöglich.“

Zusätzlich speichert das FDZ bereits seit Oktober 2022 auch die Abrechnungsdaten der gesetzlichen Krankenkassen, aus denen ärztliche Diagnosen, Behandlungen, Operationen und Medikamentenverschreibungen ersichtlich sind. Und dies im Gegensatz zur ePA ohne jedwede Chance für Patienten, dagegen zu votieren, obwohl hier ebenfalls die Möglichkeit der Weitergabe an Forschungseinrichtungen oder die Pharmaindustrie besteht.

Das Ganze stieß auf deutliche Kritik des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Ulrich Kelber. Deshalb plant Lauterbach, die Einflussmöglichkeiten Kelbers sowie auch des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) künftig zu beschneiden, wenn es um die Digitalisierung des Gesundheitswesens geht. 

Nach Einschätzung des auf IT-Themen spezialisierten Nachrichtenportals Heise online ist der nunmehr mögliche Zugriff der Pharmafirmen auf Gesundheitsdaten vor allem eine Folge der Ankündigung des Mainzer Unternehmens Biontech, künftig in Großbritannien zu forschen, wo es weniger hemmende Regularien gebe.