18.05.2024

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Folge 17-23 vom 28. April 2023 / Afrika / Russland sucht neue beste Freunde / Der afrikanische Kontinent bekommt immer mehr Gewicht – Viele Kontrahenten ringen um Einfluss

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-23 vom 28. April 2023

Afrika
Russland sucht neue beste Freunde
Der afrikanische Kontinent bekommt immer mehr Gewicht – Viele Kontrahenten ringen um Einfluss
Manuela Rosenthal-Kappi

In Vorbereitung auf den zweiten Russland-Afrika-Gipfel, der im Juli in St. Petersburg geplant ist, fand Ende März in Moskau eine Parlamentarische Konferenz Russland-Afrika statt, bei der 40 afrikanische Staaten vertreten waren. 

Der Einladung zum ersten Russland-Afrika-Gipfel im Oktober 2019 in Sotschi waren Staatschefs aus 47 Ländern gefolgt. Schon damals hatte Russlands Präsident  Wladimir Putin die Beziehungen zu Afrika zur Priorität russischer Außenpolitik erklärt, nachdem westliche Staaten sein Land wegen der Krimannexion mit Sanktionen belegt hatten. 

Ganz offen zeigt sich Moskau nun auf der Suche nach neuen Verbündeten und wirbt in Afrika. In den vergangenen Monaten häuften sich die Besuche des russischen Außenministers Sergej Lawrow in afrikanischen Staaten. Russland sieht seinen Vorteil gegenüber China, den USA und der EU, die ebenfalls das Potential Afrikas als Wachstumsmarkt im Blick haben, darin, dass schon seit Sowjetzeiten zu vielen afrikanischen Staaten wie Angola, Algerien oder Libyen freundschaftliche Beziehungen bestehen. Diese gilt es nun weiter auszubauen, nicht nur, um den geopolitischen Einfluss zu stärken, sondern auch, um Verbündete für Entscheidungen in internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen zu gewinnen. Seit diesem Monat  hat Russland den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat.

Positiv bis neutral eingestellt

Dass diese Rechnung aufgeht und viele Regierungen Afrikas dem Kreml positiv oder neutral gegenüberstehen, hat sich bei der Abstimmung der UN-Vollversammlung anlässlich des Jahrestags des russischen Angriffs auf die Ukraine gezeigt: 14 Länder enthielten sich, darunter  Algerien, die Republik Kongo, Äthiopien und Südafrika, viele nahmen an der Abstimmung erst gar nicht teil, Eritrea und Mali stimmten gegen die Resolution. 

Auch Südafrika, das wirtschaftlich auf den Westen angewiesen ist, hält zu Russland. In diesem Jahr ist das Land Vorsitzender des Staatenbundes BRICS, dem neben Südafrika Brasilien, Russland, Indien und China angehören. Sollte der für August geplante BRICS-Gipfel wie geplant im südafrikanischen Durban stattfinden, wäre die Regierung eigentlich gezwungen, den vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag erlassenen Haftbefehl gegen Putin umzusetzen, doch Südafrikas Außenminister Naledi Pandor sagte gegenüber Wirtschaftsvertretern, man werde sich Russland nicht „auf Geheiß anderer“ zum Feind machen. Die Kritik an den USA und der EU hat in einigen Staaten Afrikas deutlich zugenommen.

Wie sich schon in Sotschi abgezeichnete, zielen Russlands wirtschaftliche Interessen in Afrika vor allem auf Investitionen in die Infrastruktur, den Verkauf nuklearer Technologien, den Energiesektor und die Bergbauindustrie wie den Abbau von Diamanten. Mit 30 Staaten, die mit Waffen beliefert werden, besteht laut Putin zudem eine militärisch-technische Kooperation. 

Während Russland sein humanitäres Engagement und die Unterstützung einer unabhängigen Entwicklung der afrikanischen Staaten hervorhebt und dem Westen neokoloniale Interessen unterstellt, wirft dieser Russland vor, sich mit Waffenverkäufen und Schuldenerlass Zugang zu den Bodenschätzen zu sichern und dabei Netzwerke der organisierten Kriminalität zu nutzen, die der Oligarch Jewgenij Prigoschin mit seiner Söldnertruppe Wagner aufgebaut hat. 

Andrej Maslow, Direktor vom Zen-trum für Afrikanistik in Moskau, nennt drei vornehmliche Ziele, die Russland in Afrika verfolgen sollte: die Entwicklung der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen, Friedensbemühungen, um Terrorismus und Extremismus abzuwenden, sowie eine engere Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union als Integrationsgemeinschaft. 

Seit dem Beginn des Ukrainekriegs hilft der afrikanische Kontinent Russland, die Sanktionen des Westens zu umgehen. Ein Großteil des Exports, der zuvor in EU-Staaten ging, wird jetzt nach Afrika verkauft. Vor allem der Bedarf an Energie- und Lebensmittellieferungen ist dort immens. Der Handel mit afrikanischen Ländern bringt Russland derzeit zehn bis 15 Milliarden US-Dollar Einnahmen jährlich ein. Dies könnte laut Experten auf 40 Milliarden pro Jahr steigen. 

Umgehung der Sanktionen

Als Konkurrent im strategischen Ringen um Einfluss in Afrika tritt China als größter Investor und Handelspartner auf, der in erster Linie am Import von Rohstoffen interessiert ist. Die USA wollen verhindern, dass China und Akteure wie Russland zu viel Einfluss auf dem Kontinent gewinnen. US-Präsident Joe Biden hat einen Afrika-Gipfel im Dezember einberufen. Auch Washington hat angekündigt, die Zusammenarbeit mit afrikanischen Ländern massiv ausbauen zu wollen. Biden kündigte den Ausbau von Straßen, dem Internet und erneuerbaren Energien an. 

Maslow sieht in Afrika allein wegen der Bevölkerungsentwicklung einen kommenden Markt für praktisch alles von Rohstoffen über Verbrauchsgüter bis zur Informationstechnologie. Als wichtiges Instrument für die Entwicklung des Handels mit Russland empfiehlt der Professor den Ausbau der Logistik sowie eine vom Westen unabhängige Finanzinfrastruktur. Ebenso wichtig sei es, in die Ausbildung von Afrikanern in Russland nach dem Vorbild der Sowjetunion zu investieren, kostenlosen Russisch-Unterricht anzubieten und das Image Russlands bei Afrikanern insgesamt aufzuwerten.

Das geschieht bereits, indem die russische Regierung sich als „antikolonial“ gibt und sich mit dem Bestreben der Afrikaner, die „Entkolonialisierung“ voranzubringen, solidarisch erklärt. Das findet in Afrika Gefallen, wird aber kaum ausreichen, um den chinesischen Vorsprung aufzuholen. China ist bereits in 35 Ländern Afrikas wirtschaftlich aktiv und als Geldgeber gefragt. Darüber hinaus gelten Chinesen als entscheidungsfreudige Partner, die Projekte zügig umsetzen, und sich weniger in die inneren Angelegenheiten einmischen als andere.