18.05.2024

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Folge 17-23 vom 28. April 2023 / Frankreich / Schwerste Krise seit dem Algerienkrieg? / Proteste gegen Rentenreform halten an – Le Pens Partei liegt derzeit in Umfragen vorn

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-23 vom 28. April 2023

Frankreich
Schwerste Krise seit dem Algerienkrieg?
Proteste gegen Rentenreform halten an – Le Pens Partei liegt derzeit in Umfragen vorn
Peter Entinger

Der Präsident hat gesprochen, ein Macht-wort sollte es sein. Doch noch während der französische Staatschef Emmanuel Macron via Live-Schalte zu den Landsleuten sprach, gingen Tausende von ihnen wieder auf die Straße. Die große Rentenreform ist durch, doch die Wut bleibt. 

Nachdem der Verfassungsrat am 14. April grünes Licht gegeben hatte, unterschrieb der Präsident noch in derselben Nacht das umstrittene Gesetz für die Rente mit 64. Weil er sich im Parlament keiner ausreichenden Mehrheit sicher sein konnte, hatte der Präsident eine Möglichkeit der französischen Verfassung genutzt, um die Reform auch ohne Zustimmung der Volksvertretung zu verabschieden. Das machte die Wut nur noch größer. Dass der Verfassungsrat die Vorgehensweise als legal durchgewinkt hat, beruhigt die Gemüter nicht. 

Gewerkschaften gegen Macron

Es ist einsam um Macron geworden. Die in Frankreich traditionell starken Gewerkschaften haben eine Einladung in den Élysée-Palast abgelehnt. Sie rufen stattdessen für den 1. Mai zu Massendemonstrationen auf. An diesem Tag will auch Marine le Pen ihre Muskeln spielen lassen. Ihr Rassemblement National (RN) versammelt sich ebenfalls traditionell am Tag der Arbeit in der Hauptstadt. Derzeit wird darüber gerätselt, wer die Hauptrede hält. In der Vergangenheit hat stets der Parteivorsitzende gesprochen. Der ist seit einigen Monaten Le Pens Vertrauter Jordan Bardello. Sie ist es jedoch, welche die Zügel in der Hand hat. Sie führt die neue Parlamentsfraktion und hat kürzlich in einem in mehreren deutschen Medien erschienenen Interview klargemacht, dass sie sich als natürliche Kandidatin für die Präsidentschaftswahlen im Jahr 2027 sieht. Ein Jahr nach der letzten Präsidentenwahl liegt sie in der Wählergunst vor dem Amtsinhaber. Selbst eine Stichwahl würde sie derzeit gegen Macron mit 55 zu 45 Prozent gewinnen.

Französische Kommentatoren sprechen in jüngster Zeit häufiger davon, dass sich die Republik in der schwersten Krise seit dem Algerienkrieg befinde. Macron darf nach Ablauf der zweiten Amtszeit nicht mehr kandidieren. Seine politische Sammlungsbewegung hat keinen profilierten Kopf, der sich als Nachfolger anböte. Die Sozialdemokraten und die Konservativen sind heillos zerstritten. Derzeit ist der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon der einzige Kandidat, der Le Pen schlagen könnte. „Macron droht, die Mitte zu verlieren“, analysierte ein TV-Kommentator. Es könnte aber auch sein, dass die Mitte Frankreich verliert.