18.05.2024

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Folge 17-23 vom 28. April 2023 / Autodynastie / Der Zweite von links / Wichtige Weichenstellungen bei Opel gingen auf die Brüder Wilhelm und Fritz zurück. Vor 75 Jahren starb Ersterer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-23 vom 28. April 2023

Autodynastie
Der Zweite von links
Wichtige Weichenstellungen bei Opel gingen auf die Brüder Wilhelm und Fritz zurück. Vor 75 Jahren starb Ersterer
Manuel Ruoff

Im August 1862 wurde Opel in Rüsselsheim gegründet. Der Gründer war der 1837 dort geborene Schlossermeistersohn Adam Opel. Der Unternehmer hatte mit seiner Ehefrau Sophie Marie geborene Scheller die fünf Söhne Carl, Wilhelm, Heinrich, Fritz sowie schließlich Ludwig, dessen Leben nicht nur 1880 als letztes begann, sondern 1916 als Oberleutnant an der Ostfront auch als erstes wieder endete. Als letztes endete das Leben des Zweitältesten. Wilhelms Todestag jährt sich nun zum 75. Mal.

Wilhelm Opel studierte nach dem Besuch des alten Realgymnasiums in Mainz an der Technischen Hochschule Darmstadt Ingenieurwissenschaften. Das lag nahe, da das väterliche Unternehmen im weiteren Sinne technische Produkte herstellte. Ähnlich naheliegend war es, dass er an seiner Alma Mater einen akademischen Radfahrverein gründete, produzierte das Familienunternehmen seit 1886 neben Nähmaschinen doch auch Drahtesel. Aus diesem Verein ging 1893 das Corps Franconia hervor, dessen Ehrenmitglied er wurde. 1897 heiratete Wilhelm Martha Bade. Aus der Ehe gingen ein Junge und ein Mädchen hervor, „Raketen-Fritz“ und Eleonore. 

Nach dem Tod des Vaters 1895 übernahm Wilhelm Opel gemeinsam mit seiner Mutter und seinen vier Brüdern das Unternehmen. Dabei wurde entsprechend der Ausbildung arbeitsteilig vorgegangen. Carl war gelernter Bankkaufmann. Heinrich hatte eine kaufmännische Ausbildung in der väterlichen Firma erhalten. Ludwig war promovierter Jurist. Fritz war wie Wilhelm Ingenieur.

Nachdem 1886 bereits die Produktpalette von Nähmaschinen auf Fahrräder erweitert worden war, erfolgte Ende des Jahrtausends eine weitere Erweiterung um Automobile. Statt für den Aufbau eigener Kompetenzen fiel die Entscheidung für die Übernahme eines bereits bestehenden Automobilwerkes. 

Aufnahme der Automobilproduktion

1897 nahmen Wilhelm und Fritz Opel auf der Automobilausstellung Kontakt mit Friedrich Lutzmann auf. Letzterer hatte 1893 sein erstes Fahrzeug gefertigt und zwei Jahre später in Dessau die Anhaltische Motorwagenfabrik gegründet. Zweimal besuchten Wilhelm und Fritz Opel das Werk, dann fiel die Entscheidung, es zu kaufen. 1899 wurde ein entsprechender Vertrag unterschrieben. Die Produktionsstätten sollten von Dessau nach Rüsselsheim verbracht, die Belegschaft übernommen und Lutzmann Direktor der Motorwagenfabrikation bei Opel werden. Bereits 1899 wurde der erste „Opel-Patent-Motorwagen, System Lutzmann“ vorgestellt. Dass es nun wirtschaftlich bergauf ging, veranschaulicht bereits die Tatsache, dass 1917 Wilhelm und Heinrich sowie im darauffolgenden Jahr auch Carl zum Geheimrat ernannt und in den großherzoglich hessischen Adelsstand erhoben wurden.

Nach dem verlorenen Krieg waren es Wilhelm und Fritz, die Opel insoweit zum Ford Deutschlands machten, als sie mit dem Opel Laubfrosch die Fließbandfertigung in der deutschen Automobilindus­trie einführten. Der von 1924 bis 1931 produzierte Kleinwagen wurde zum erfolgreichen Massenprodukt, sozusagen zum deutschen Ford Modell T, nur dass er grün statt schwarz war.

Bis 1928 entwickelte sich das moderne Familienunternehmen zum größten deutschen Automobilhersteller. Da drängt sich die Frage auf, warum die Familie sich im darauffolgenden Jahr von dem Unternehmen trennte. Die Motive waren nicht zuletzt finanzieller Natur. Die Modernität und der Umfang der Produktionsanlagen zur Massenproduktion hatten ihren Preis, und die Ressourcen der Familie waren begrenzt. 

Übernahme der Fließbandfertigung

Für zusätzlichen Finanzbedarf sorgten der in diesem Lebensalter nicht unbedingt zu erwartende Tod von Carl von Opel 1927 mit 58 und Heinrich von Opel 1928 mit gar nur 55 Jahren. Horrende Erbschaftssteuern waren zu erwarten. 

Und wenn die gesamtwirtschaftliche Lage auch noch gut war, so warf doch die Weltwirtschaftskrise bereits ihre Schatten voraus. Ehe die Familie sich völlig in die Hand ihrer Hausbank, der Disconto-Gesellschaft, begab, bei der sie bereits hoch verschuldet war, verkaufte sie lieber.

Wenn die Initiative zu dem Besitzerwechsel auch von Opel ausging, so zeigte sich der US-amerikanische Automobilkonzern General Motors doch sehr interessiert. Obwohl nach den Schätzungen eines im Bankfach ausgebildeten Verwandten der Familie Opel das gesamte Werk nur 100 Millionen wert war, bot GM 120 Millionen Reichsmark für acht Zehntel von Opel. Da sagte die Familie Opel nicht „nein“. 

Verkauf an General Motors

Nachdem Opel zum Zwecke des Besitzerwechsels von einem Familienbetrieb in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden war, gab GM 1929 der Öffentlichkeit bekannt, dass es 80 Prozent der Aktien erworben habe. Im Frühjahr 1931 übernahm der neue Mehrheitsaktionär auch die restlichen 20 Prozent.

Aufsichtsratsvorsitzender der Opel AG wurde Wilhelm von Opel, Stellvertreter sein einziger da noch lebender Bruder, Generaldirektor sein einziger Sohn. Während sein Bruder 1938 starb, blieb Wilhelm bis 1945 im Amt. Nach dem Krieg wurde er 1947 als Mitläufer eingestuft und zur Zahlung von 2000 Reichsmark verurteilt. Im darauffolgenden Jahr, am 2. Mai 1948, starb Wilhelm von Opel in Wiesbaden.