18.05.2024

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Folge 17-23 vom 28. April 2023 / Niederrhein / Wanderer, kommst du nach Kevelaer ... / Am 1. Mai startet die Wallfahrtssaison in der Stadt an der deutsch-niederländischen Grenze – 800.000 Besucher werden erwartet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-23 vom 28. April 2023

Niederrhein
Wanderer, kommst du nach Kevelaer ...
Am 1. Mai startet die Wallfahrtssaison in der Stadt an der deutsch-niederländischen Grenze – 800.000 Besucher werden erwartet
Andreas Rüdig

Gehen ist die beste Medizin des Menschen. Das soll der griechische Arzt Hippokrates gesagt haben. Ob Hippokrates Wallfahrten und Pilgerreisen auch zur Medizin gezählt hatte, ist allerdings unbekannt. Kevelaer am Niederrhein sieht sich nach eigenen Angaben als „den“ Wallfahrtsort an.

Das Wallfahrtswesen geht in Kevelaer bis ins Jahre 1641 zurück. In der Weihnachtszeit war der Kaufmann Hendrik Busman auf seinem täglichen Weg von Weeze nach Geldern. Als er vor einem Wetterkreuz, das an einer Wegkreuzung in der Nähe von Kevelaer stand, betete, hörte er dreimal den Ruf „An dieser Stelle sollst du mir ein Kapellchen bauen.“ Trotz seiner Armut führte er diesen Auftrag aus.  Die Gnadenkapelle entstand. Im Jahr 1647 wurde die Synode von Venlo als kirchliche Prüfinstanz zusammengerufen und bestätigte Kevelaers Stellung als Wallfahrtsort.

Während Pilgerreisen die Unternehmungen einzelner Personen sind, werden Wallfahrten in Gruppen durchgeführt. Schätzungen des örtlichen Wallfahrtsbüros zufolge kommen jährlich rund 800.000 Gläubige nach Kevelaer. Die tatsächliche Zahl könnte allerdings deutlich niedriger liegen. Da die Kirchen und Kapellen rund um die Uhr geöffnet sind, können auch zufällige, spontane Besucher darin eingeflossen sein, die nicht auf Wallfahrt sind. Wer aber hierherkommt, der besucht beispielsweise die Marien-Basilika, St. Antonius, die Gnaden-, Sakraments-, Kerzen-, Beichtkapelle und andere sakrale Gebäude vor Ort.

Die offizielle Wallfahrtssaison läuft jeweils am 1. Mai an und geht bis zum 30. Oktober eines jeden Kalenderjahres. 800 bis 900 zumeist angemeldete Gruppen fallen dann in den 28.000-Einwohnerort an der deutsch-niederländischen Grenze ein. Im Priesterhaus neben der Basilika untergebracht, führen sie ihr Programm durch. Einen Rekord hält das niederrheinische Rees: Der Ort stellt seit dem Jahr 1643 Pilgergruppen, die sich jedes Jahr zu Fuß nach Kevelaer aufmachen.

Die Besucher kommen aber nicht nur vom Niederrhein. Zum Einzugsgebiet gehören auch das nahegelegene Ruhrgebiet, das westliche Münsterland, die Eifel sowie der Benelux-Raum.

Der Bezug zu Luxemburg ist historisch bedingt. Das Gnadenbild in der Gnadenkirche stammt von dort. Soldaten aus Luxemburg brachten es im Dreißigjährigen Krieg an den Niederrhein.

Wer an der Wallfahrt teilnimmt, tut es aus einem persönlichen Bedürfnis heraus. Es geht um Geselligkeit und Gemeinschaft. Daneben soll aber auch vor Ort eine Kerze angezündet und so ein privates und/oder gesellschaftliches Anliegen vor Gott gebracht werden.

Was die Zukunft anbelangt, ist man sich vor Ort noch unsicher. Neben dem durch Missbrauchs-Skandale ausgelösten Image-Problem der katholischen Kirche sitzt das Geld nicht mehr so locker wie früher. So kommen beispielsweise schon jetzt bei Konzerten, bei denen Eintritt erhoben wird, spürbar weniger Besucher.

Das Wallfahrtswesen ist ein Alleinstellungsmerkmal in der Region. Hotellerie, Gastronomie und Einzelhandel profitieren direkt davon. Es gibt eine Orgelbaufirma (Seifert), einen kirchlich orientierten Buchverlag (Butzon und Bercker), Glasmalerbetriebe sowie Goldschmiede. Diese Betriebe haben sich damit einen festen Platz im örtlichen Wirtschaftsgefüge gesichert und tragen auf diese Weise ihren Beitrag dazu bei, dass Kevelaer einer der wichtigsten Wallfahrtsorte für Pilger in Deutschland bleibt.