18.05.2024

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Folge 18-23 vom 05. Mai 2023 / Mobilitätswende / Ein Leuchtturmprojekt mit mehr als nur „Schönheitsfehlern“ / Die Zusammenarbeit von Australien und Japan zeigt die Probleme in der Erzeugung und praktischen Anwendung von Wasserstoff

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-23 vom 05. Mai 2023

Mobilitätswende
Ein Leuchtturmprojekt mit mehr als nur „Schönheitsfehlern“
Die Zusammenarbeit von Australien und Japan zeigt die Probleme in der Erzeugung und praktischen Anwendung von Wasserstoff

Der italienische Naturforscher Felice Gaspare Ferdinando Fontana leitete 1780 erstmals Wasserdampf über glühende Kohlen und synthetisierte auf diese Weise Wassergas, also eine Mischung aus 50 Prozent Kohlenmonoxid und 50 Prozent Wasserstoff. Später wurde der Prozess der Wasserstoffherstellung dann von anderen Chemikern perfektioniert, wobei die ursprüngliche, wenig umweltfreundliche Methode von Fontana aber nie in Vergessenheit geriet. 

Davon zeugt nicht zuletzt ein gemeinsames Projekt japanischer und australischer Ingenieure im Latrobe Valley im Osten des australischen Bundesstaates Victoria. Hier, etwa 140 Kilometer von Melbourne entfernt, befinden sich riesige Braun- und Steinkohlegruben, deren Vorkommen schier unerschöpflich anmuten. Das brachte die Führung des japanischen Industriekonzerns Kawasaki Heavy Industries auf die Idee, im Latrobe Valley durch die Verbrennung von Kohle Wasserstoff herstellen zu lassen und diesen in verflüssigter Form nach Japan zu verschiffen.

Klassisches „Greenwashing“

Zu diesem Zweck schloss sich Kawasaki zwischen 2016 und 2018 mit den Unternehmen Iwatani Corporation, Shell Japan, Electric Power Development, Marubeni, ENEOS und K-Line zu dem Konsortium HySTRA zusammen. Das schuf eine Lieferkette zwischen dem Latrobe Valley und dem japanischen Hafen Kobe, deren wichtigstes Glied der weltweit erste experimentelle Tanker für den Wasserstofftransport ist. Die „Suiso Frontier“ kann pro Fahrt 75 Tonnen auf minus 253 °C gekühlten Flüssig-Wasserstoff (LH₂) mitführen. Allerdings wird ein Drittel der Energiemenge, welche in diesem LH₂ enthalten ist, für die Verflüssigung und Kühlung benötigt. Dazu kommt ein weiteres Zehntel für den Antrieb des Schiffes, dessen erster regulärer Einsatz im Januar 2022 erfolgte. Insofern arbeitet die „Suiso Frontier“ also wenig effektiv, weswegen die HySTRA künftig größere Einheiten mit 12.000 Tonnen Kapazität bauen will.

Deren Nutzung würde jedoch nichts daran ändern, dass es sich bei dem japanisch-australischen Gemeinschaftsprojekt um einen typischen Fall von „Greenwashing“ handelt. Mit diesem Begriff wird das Vorspiegeln von nachhaltigem, klimafreundlichem Handeln bezeichnet, während in der Realität das genaue Gegenteil passiert. Denn ein angeblich „emissionsfreies“ Auto in Japan, das mit dem in Australien auf überaus schmutzige Weise erzeugten Flüssig-Wasserstoff fährt, ist letztlich für die Freisetzung von 25 Kilogramm CO₂ pro einhundert Kilometer verantwortlich. Zum Vergleich: Ein Diesel-Golf mit fünf Litern Verbrauch käme hier lediglich auf 15 Kilogramm. W.K.