18.05.2024

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Folge 18-23 vom 05. Mai 2023 / Franz Gerhard Wegeler / Als Biograf und Unterstützer Beethovens schrieb der Mediziner Musikgeschichte / Sowohl die Franzosen als auch die Preußen wussten die medizinischen Leistungen des gebürtigen Bonners zu würdigen. Vor 175 Jahren starb der Rheinländer im preußischen Koblenz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-23 vom 05. Mai 2023

Franz Gerhard Wegeler
Als Biograf und Unterstützer Beethovens schrieb der Mediziner Musikgeschichte
Sowohl die Franzosen als auch die Preußen wussten die medizinischen Leistungen des gebürtigen Bonners zu würdigen. Vor 175 Jahren starb der Rheinländer im preußischen Koblenz
Martin Stolzenau

Franz Gerhard Wegeler stammte aus Bonn, machte als Mediziner Karriere und wirkte zeitweilig als Rektor der Bonner Universität. Er bekam in Koblenz durch den Kaiser der Franzosen Napoleon I. und dann durch Preußen wegen seiner Verdienste um das Gesundheitswesen im Rheinland verschiedene Auszeichnungen. Doch eine größere Bekanntheit und Nachwirkung über seinen Tod vor 275 Jahren hinaus bis in die Gegenwart erreichte er allein dadurch, dass er als Jugendfreund und Biograph Ludwig van Beethovens in die Geschichte einging. Deshalb wurden in Wien die Wegelergasse und in Bonn-Poppelsdorf die Wegelerstraße, die heute Sitz zahlreicher Universitätsinstitute ist, nach ihm benannt.

Franz Gerhard Wegeler wurde am 2. August 1765 in Bonn geboren. Damit war er fünf Jahre älter als Ludwig van Beethoven, der 1770 im Rückgebäude des Hauses Bonngasse 515 als Enkel des gleichnamigen Hofkapellmeisters und als Sohn des Hoftenoristen Johann van Beethoven zur Welt kam. Während Wegeler unter der Aufsicht seiner betuchten Eltern eine umfassende Schulbildung erlangte und bestens auf eine akademische Laufbahn vorbereitet wurde, beschränkte sich die Unterrichtung Beethovens weitgehend auf die Musik. Sein Vater und dessen Kollegen vermittelten dem begabten Jungen früh umfangreiche Kenntnisse im Klavier- und Orgelspiel, im Generalbassspiel sowie in der Komposition. Darin übertraf er die Jungen und Mädchen der Bonner Mittelschicht um Längen. Doch hinsichtlich der Allgemeinbildung und gesellschaftlicher Umgangsformen hinkte Beethoven hinterher. Trotzdem wurden der vielseitig vorgebildete und selbstsichere Wegeler und der jüngere Musikersohn Freunde. Wegeler bewunderte dessen künstlerische Begabung und versuchte früh mit seinen Mitteln, die sonstigen Lücken beim Freund zu schließen bis dahin, dass er den ungelenken musikalischen Hoffnungsträger in andere Bürger- und Adelsfamilien einführte und sogar dessen Anstellung als Musiklehrer initiierte.

Einführung in die Gesellschaft

Eine wichtige Rolle übernahm in diesem Zusammenhang neben dem Grafen Ferdinand von Waldstein vor allem Helene von Breuning, die Witwe des kurfürstlichen Hofrates Emanuel Joseph von Breuning. Sie fand nach Einführung durch Wegeler Gefallen an Beethoven, der in der Bonner Gesellschaft nach ersten Konzerten als „Wunderkind“ bezeichnet wurde, engagierte den Jüngling als Klavierlehrer ihrer Kinder und bemutterte ihn in gewissem Sinne. Zeitgenossen bezeichneten deshalb Helene von Breuning als „zweite Mutter“ des Komponisten. Wegeler war meistens dabei. Interessant ist zudem, dass sich Wegeler und Beethoven schon früh parallel um Eleonore von Breuning bemühten, einer Tochter der verwitweten Gönnerin, die der Musikus am Klavier unterrichtete. Während Beethoven ab 1784 als Gehilfe von Christian Gottlob Neefe fungierte, der als Hoforganist und Musikdirektor am kurfürstlichen Hof für neue Impulse sorgte, studierte Wegeler an der Kurkölnischen Universität in Bonn Medizin. Dann gingen beide Freunde mit einem Stipendium des Kurfürsten Maximilian Franz zur Vervollkommnung ihrer Studien nach Wien. Wegeler erschloss sich die führenden Wiener Mediziner, wurde nach seiner Rückkehr nach Bonn 1789 promoviert und anschließend zum Professor erhoben. Beethoven dagegen blieb in Wien und sorgte für wachsendes musikalisches Aufsehen. 

Wegeler lehrte erfolgreich in Bonn, trat mit überaus modernen Erkenntnissen hervor und wurde schon 1793 zum Rektor der Bonner Universität gewählt. Doch die Invasion französischer Truppen unterbrach seinen Aufstieg. Wegeler floh 1794 nach Wien, wo Jugendfreund Beethoven inzwischen Erfolge feierte. Er verfasste in Wien medizinische Fachschriften und unterhielt bis 1796 regelmäßigen persönlichen Kontakt zu seinem Jugendfreund. Dann kehrte der Medizinprofessor nach Bonn zurück. Die beiden Freunde sollten sich niemals wiedersehen, pflegten aber bis zu Beethovens Tod 1827 einen regen Briefwechsel.

Verliebt in dieselbe Frau

Wegeler lehrte zunächst wieder an der Bonner Universität, arbeitete nach deren Schließung als praktischer Arzt und wirkte ab 1798 als Lehrer an der Neuen Zentralschule. 1802 heiratete der Mediziner Eleonore von Breuning, seine Jugendliebe, die auch von Beethoven verehrt wurde. 1804 wurde Wegeler dann Chef der neuen Hebammenschule in Bonn. Er engagierte sich in einigen regionalen Medizin-Kommissionen für die Gesundheitsvorsorge und den Impfschutz, erregte damit das Interesse der Franzosen und wurde 1807 nach Koblenz berufen, wo er die Leitung der Medizinalpolizei im Rhein-Mosel-Département übertragen bekam. Wegeler erwarb in der Gesundheitsvorsorge und Medizinkontrolle offenbar große Verdienste und wurde dafür vom Franzosenkaiser zweimal ausgezeichnet. 

Nach dessen Niederlage und dem Wechsel des Rheinlands vom französischen Kaiserreich zum preußischen Königreich war Wegelerer mit seiner medizinischen Sachkenntnis auch für Preußen unverzichtbar. Auch hier gab es Ehrungen für ihn. Das reichte vom Eisernen Kreuz zweiter Klasse am weißen Bande 1817 über die große Große Goldmedaille 1818 bis zum Roten Adlerorden dritter Klasse 1831.

Im Alter beschäftigte sich der Mediziner zusammen mit dem ebenfalls in Bonn geborenen und mit Beethoven befreundeten deutschen Komponisten, Pianisten und Orchesterleiter Ferdinand Ries mit der Biographie des 1827 verstorbenen Musikgenies. Dabei entstand das gemeinsame Standardwerk „Biographische Notizen über Ludwig van Beethoven“, das 1838 im Koblenzer Verlag von Karl Baedeker erschien. Es gilt bis heute für die Beethoven- Forschung als unverzichtbare Quelle. Damit fand der Mediziner Wegeler Eingang in die Musikgeschichte. Er starb am 7. Mai 1848 im Gefolge einer Infektion in Koblenz. Seine letzte Ruhestätte fand der Jugendfreund und Biograph Beethovens auf dem Koblenzer Hauptfriedhof.