18.05.2024

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Folge 19-23 vom 12. Mai 2023 / Fotoausstellung / Zwei Frauen hinter der Kamera / Ausstellung in den Rüsselsheimer Opelvillen stellt die frühen Fotokünstlerinnen Frieda Riess und Yva vor

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-23 vom 12. Mai 2023

Fotoausstellung
Zwei Frauen hinter der Kamera
Ausstellung in den Rüsselsheimer Opelvillen stellt die frühen Fotokünstlerinnen Frieda Riess und Yva vor
Claus-M. Wolfschlag

In das Werk zweier Fotokünstlerinnen des frühen 20. Jahrhunderts führt eine Ausstellung der Rüsselsheimer Opelvillen. Die ältere der beiden, Frieda Riess, wurde 1890 in Czarnikau in der Provinz Posen geboren. Als 17-Jährige begann sie eine enge Zusammenarbeit mit dem Bildhauer Hugo Lederer, der das bekannte Hamburger Bismarck-Denkmal bei St. Pauli geschaffen hat. 1917 eröffnete Riess ihr eigenes Atelier am Berliner Kurfürstendamm. 

Der Kontakt zu dem bekannten Kunsthändler und Sammler Alfred Flechtheim ermöglichte es Riess, vielfältige Kontakte zur höheren Gesellschaft zu knüpfen. Sie portraitierte unter anderem Gottfried Benn und Gerhart Hauptmann. In Rom verschaffte ihr die Mussolini-Freundin Margherita Sarfatti Fototermine bei Politikern und Adeligen. Dabei fertigte sie 1929 auch ein Portrait Benito Mussolinis, das sie bis zum Lebensende in ihrem Besitz behielt. 

1932 war sie auf der Fotografie-Biennale in Rom mit einem Porträt des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg vertreten. Bereits in diesem Jahr gab sie ihr Berliner Atelier auf, um mit ihrem Lebenspartner, einem damaligen französischen Botschafter, nach Paris zu ziehen. Doch dort war ihr kein Glück beschieden. Eine schwere Krankheit befiel sie. Zudem musste sie nach dem deutschen Einmarsch in Frankreich ihre jüdische Herkunft verschleiern. Sie starb verarmt offenbar Mitte der 1950er Jahre in Paris. 

Die zweite Künstlerin, Else Ernestine Neuländer, wurde 1900 als Tochter liberaler Juden in Berlin geboren. Mit nur 25 Jahren eröffnete sie in Berlin ihr eigenes Atelier und legte sich das Pseudonym „Yva“ zu. Sie experimentierte mit neuen Ausdrucksformen und trat ab 1927 als gefragte Modefotografin in Erscheinung. Durch ihre moderne Bildsprache, die sie unter anderem in den Magazinen „Dame“ und „Uhu“ präsentieren konnte, wurde sie zum Vorreiter des späteren Werbedesigns. Mit der NS-Machtergreifung verschlechterten sich Yvas Arbeitsbedingungen kontinuierlich. Dennoch konnte sie zunächst Nachwuchsfotografen ausbilden, darunter 1936 bis 1938 den späteren Starfotografen Helmut Newton. Sie wurde schließlich mit ihrem Mann 1942 verhaftet und in das Vernichtungslager Sobibór deportiert, wo sie ums Leben kam.

Während Riess’ Arbeiten ein deutlicheres Zeitkolorit anhaftet, wagte Yva eine experimentellere, insofern moderner und zeitloser erscheinende Fotografie. Neben dem gekonnten Spiel mit Licht und Schatten zeigte Yva ein großes Talent in der Wahl ungewöhnlicher Bildausschnitte, mit denen sie Körper und Gesichter einfing.

„Frieda Riess und Yva. Fotografien 1919–1937“ bis 4. Juni in den Opelvillen Rüsselsheim, Ludwig-Dörfler-Allee 9, geöffnet täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr, sonnabends ab 14 Uhr. Eintritt: 8 Euro. www.opelvillen.de